Ausdruck einer lebendigen Demokratie
Dunkle Zeiten werden von etlichen Kommentatoren und Experten nach den Wahlen des Europäischen Parlaments heraufbeschworen. Marine Le Pen, Geert Wilders, Beppe Grillo und nicht zuletzt der UKIP-Vorsitzende Nigel Farage sind die Sperrspitze einer anti-europäischen Bewegung, die mit dumpfen Parolen auf Wählerfang gehen. Ein Drittel der Sitze könnten Vertreter ihre Parteien nach dem Urnengang im Mai im Europaparlament besetzen – so die Prognose. Daran glauben mag ich nicht.
Noch nie war das Europäische Parlament so mächtig wie heute und damit die Bürger, die es vertritt. Noch nie nahmen die Wahlen einen so großen Raum in der öffentlichen Debatte ein, noch nie wussten die Menschen besser über die EU Bescheid. Das alles bevor der eigentliche Wahlkampf begonnen hat. Der Kampf gegen die anti-europäischen Kräfte ist damit keineswegs ein hoffnungsloses Unterfangen. Vielmehr trifft er auf nahrhaften Boden.
Die Abstimmung ist damit kein Ereignis, welches gefürchtet werden sollte. Vielmehr ist sie Ausdruck einer lebendigen und werdenden Demokratie auf internationaler Ebene. Sie zeigt deutlich die Leitmotive der Europäischen Union auf, die Pluralismus vor Elitarismus, Rechtsstaatlichkeit vor Willkür, Gleichheit vor Ausnahmen setzen.
Wir und damit alle pro-europäischen Kräfte müssen zunächst an uns selbst glauben, um den Menschen diese Überzeugungen näher zu bringen. Durch die Wahl besteht eine der seltenen Möglichkeiten, ein Zeichen für die Union zu setzen und EU-feindlichen Kräfte Einhalt zu gebieten.
Die größte Errungenschaft: Frieden
Das 20 Jahrhundert ist geprägt von kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen europäischen Staaten. In diesem Jahr gedenken wir des Beginns des Ersten Weltkrieges 1914. Diese Zeit ist geprägt von einem bisher unvorstellbaren Hass, der 17 Millionen Menschenleben forderte. Sich diese Ereignisse in Erinnerung zu rufen, bedeutet zu begreifen, welches Glück wir haben, in friedlichen Zeiten leben zu dürfen. Es bedeutet aber auch, zu verstehen, wie es zu einer solchen Katastrophe kommen konnte: Übertriebener nationaler Stolz, der Fremdenhass und hegemoniales Denken anheizt.
Abseits aller wirtschaftlichen Probleme und kleineren Verwerfungen innerhalb der Staatengemeinschaft wird durch dieses Gedenken klar, dass die schlimmste aller Situationen Krieg heißt. Dass wir in Europa seit fast siebzig Jahren in Frieden leben verdanken wir der Europäischen Union. Kaum ein anderes Gebilde in der Welt hat es je vermocht, Konflikte durch Verhandlungen und ohne Gewalt so effektiv lösen zu können.
Frieden und Demokratie in Europa - noch nie traten die Vorteile einer Europäischen Union so offen zu Tage wie 2014. Das muss jedem klar gemacht werden. Mein Vorsatz im neuen Jahr lautet deswegen: Mehr denn je über die EU reden und schreiben, um so mehr Menschen von der Idee eines vereinten Europas zu überzeugen.
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