Haider, Strache : Narzissmus und Kopiermaschine

Ausdruck des Rechtspopulismus im Herzen Europas : Grund zur Sorge?

, von  Kristian Kubasch

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Haider, Strache : Narzissmus und Kopiermaschine

Österreichs politische Szene kennt zwei prominente Populisten bzw. Rabauken, seit lange Zeit Jörg Haider (geb.1950 als Sohn ehemaliger überzeugter Nationalsozialisten, verstorben am 11. Oktober 2008) und seit einiger Zeit auch Heinz-Christian Strache (geb. 1969).

Haider der Hemmungslose

Jörg Haider polarisierte in Österreich während seiner 20 Jahre aktiver Politik entscheidend und war bekannt für verbale Entgleisungen: So war der französische Staatspräsident Jacques Chirac ein „Westentaschen-Napoleon”, der ehemalige österreichische EU-Kommissar Franz Fischler war ein „Vaterlandsverräter”, „normalerweise müsste man sojemandem die Staatsbürgerschaft entziehen”.

Oder im Kärntner Landtag: „Na, das hat’s im Dritten Reich nicht gegeben, weil im Dritten Reich haben Sie ordentliche Beschäftigungspolitik gemacht, …”, eine Aussage die ihm das Amt des Landeshauptmann kostete.

Interessanterweise war sein Verhältnis zum Islam widersprüchlich. Er bereiste den Irak, Ägypten, Kuweit, Syrien, er besuchte Saddam Hussein, er war ein Freund der Familie Muammar al-Gaddafis. Er war ein Befürworter eines EU-Beitrittes der Türkei. Haider war bis zu seinem Tode auch Landeshauptmann von Kärnten, konnte dort durchaus Ergebnisse vozeigen und hatte entsprechend Rückhalt in der Bevölkerung.

Strache als guter Lehrling des Altmeisters

Auch Heinz-Christian Strache kann verbal entlgeisen: „Wien darf nicht Istambul werden”, „Dank Schüssel und Co ist Österreich ein Magnet für Asylanten. Viel zu viele davon sind kriminell”, oder „Für die Ärmsten der Armen und nicht die Wärmsten der Warmen”. Strache hatte einige Probleme, nicht als Rechtsextremist zu gelten. Es gibt Fotos, die ihn bei paramilitärischen Übungen oder beim sogenannten Kühnen-Gruß zeigen.

In der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) galt Strache lange zeit als Zögling des FPÖ-Altmeisters Haider, die politischen Laufbahnen weisen Ähnlichkeiten auf. Als sich Haider im April 2005 mit dem Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) von der FPÖ abspaltete, war diese Freundschaft zu Ende (nach Strache hat Haider die Partei „verraten und verkauft”). Strache wurde der neue Chef der FPÖ, seitdem gibt es in Diskussionen eine nach unten offene Haider/Strache-Skala.

Duel 2008 : weder sonderlich interessant noch amüsant, aber vielleicht ein bißchen peinlich

Im Wahlkampf 2008 fischten sowohl Haider als auch Strache, so glaubte man zumindest, im gleichen Wählerpool. Am 22.08.2008 fand nun ein TV-Duell statt, das von vielen als ein „Grauslichkeitenwettbewerb” um die Stimmen des dritten Lagers erwartet wurde. Inhaltlich indes nicht viel Neues, die (zumindest im Fernsehen übertragenen) Hauptthemen waren der Kampf gegen die Teuerung (damals noch nicht aus dem Blickwinkel der Finanzkrise), Familienunterstützung und Ausländer. Also gab es keine weltbewegenden Unterschiede in den Positionen, aber das bemerken wohl wahrscheinlich nur Außenstehende.

Der Form nach war es auch nicht dramatisch, aber ein gewisser Haß war zu spüren. Haider eher lehrmeisterlich: „Sie sind eine komplette Kopiermaschine...”, er kündigte eine Rechnung für „urheberrechtliche Gebühren” an. Die FPÖ habe seit dessen Abgang dort „keine einzige neue Idee”. Strache, der sich gleich anfangs das Duzen verbat, eher aggressiv: „Sie sehen die Politik immer aus der selbstverliebten Brille des Narzissmus”. Als misslungenen Abschluss übergab Strache dem „Altpolitiker” und „Chamäleon” ein Rückgrat aus Plastik.

Die Debatte ging durch die Medien (hauptsächlich in Österreich), weder sonderlich interessant noch amüsant, aber vielleicht ein bißchen peinlich.

Sehr interessant: Während Strache sagte, eine Zusammenarbeit zwischen FPÖ und BZÖ sei „definitiv auszuschließen” und eine „falsche Anbiederung” des BZÖ durch die Hintertür vermutet, meinte Haider „Ich glaube, das wird sich in nächster Zeit ergeben”. Handelte es sich um die Weitsichtigkeit eines erfahrenen Politikers ?

Die beiden rechten Populisten haben sich jedoch gegenseitig kaum Stimmen weggenommen, und trotzdem haben beide Parteien jeweils über 6 Prozentpunkte dazugewonnen. Verloren haben die etablierten Parteien SPÖ und ÖVP.

Könnte sich die Geschichte tatsächlich wiederholen?

Aus Überzeugung, Politverdrossenheit oder Protest gegen die derzeitige Politik haben mehr als 28 Prozent der Österreicher die äußerste Rechte gewählt. Hätten sich Haider und Strache nicht gegenseitig zerfleischt, wären sie stattdessen gemeinsam aufgetreten, dann hätte nur etwas mehr als 1 Prozent gefehlt, um sie zure stärksten politischen Kraft in Österreich zu machen. Der Bundeskanzler hätte aus der rechts-populistischen Ecke kommen können!

Wir sind keine Fatalisten. Aber vielleicht ist Österreich wichtiger als man glaubt ? An dem Ausbruch des 1. Weltkrieges maßgeblich beteiligt, für den 2. Weltkrieg eine entscheidende Person zur Verfügung gestellt, nach bejubeltem Anschluß zum Opfer geworden, jetzt wählen 28 % der Bevölkerung rechts.

Ist die Alpenrepublik Österreich nicht auch ein Indikator für die Schwäche der europäischen Politik und das Niveau der europäischen Demokratie ?

Bildung : Wahlplakat der FPÖ, 2008 . Quelle : wikipedia

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Ihr Kommentar
  • Am 9. Januar 2009 um 14:48, von  Marietheres Als Antwort Haider, Strache : Narzissmus und Kopiermaschine

    der artikel gefaellt mir gut, aber du hast vergessen zu erwaehnen, dass haider zu ariel muzikant (praesident der israelitischen kultusgemeinde wien) gesagt hat: „wie kann jemand der ariel heisst, so viel dreck am stecken haben?“ und der vorletzte satz ist wohl auch ein bisschen sehr plakativ .. allerdings .. ist es wirklich keine kleinigkeit und va. nicht zu unterschaetzen, dass 2 rechts-aussen parteien fast stimmenstaerkste kraft in oesterreich geworden sind..

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