Mehr Föderalismus wagen!

, von  Martin Renner

Mehr Föderalismus wagen!
Daniel Matteo, Vorsitzender der JEF Deutschland, fordert mehr politischen Reformwillen und Transparenz. Foto: © JEF

Die JEF Deutschland hat sich auf ihrem 60. Bundeskongress in Münster mit der Verabschiedung des Leitantrags auf den Europawahlkampf eingestimmt

Die Delegierten des 60. Bundeskongresses der Jungen Europäischen Föderalisten (JEF) in Deutschland stimmten mit großer Mehrheit für den Leitantrag des Bundesvorstands, der die politischen Verantwortungsträger*innen auffordert, die notwendigen Reformen anzugehen, um den Euro nachhaltig zu stabilisieren. „Die entscheidende Frage ist, ob wir es in Europa endlich schaffen, grundlegende Reformen umzusetzen, die die aktuellen Probleme nachhaltig lösen: Reformen, die gleichzeitig demokratisch und nicht hinter verschlossenen Türen zu Stande gekommen sind“, sagt Daniel Matteo, der Bundesvorsitzende der JEF Deutschland. „Wir werden uns daher in den kommenden Monaten verstärkt mit unseren föderalistischen Positionen anschaulich und zugespitzt in die öffentliche Diskussion einbringen.“

Fehlender politischer Gestaltungswille und nationaler Kleinmut

Zugleich kritisierten die Delegierten den derzeitigen Mangel an politischem Gestaltungswillen bei den europäischen Entscheidungsträger*innen. Insbesondere in der öffentlichen Debatte in Deutschland fänden die Reformvorschläge, die auf europäischer Ebene diskutiert werden, kaum Widerhall. Damit bestätigten die Delegierten die Sichtweise auf die Krise, die diese neben den ökonomischen Ursachen auch als politische Schuldenkrise begreift.

Die Delegierten erinnerten an die historischen und wegweisenden Entscheidungen, die zu Beginn der 1990er Jahre mit der Aufgabe der nationalen Währungen und der Einführung des Euros gefällt wurden. „Klare Zielvorstellungen, Prinzipienfestigkeit und Flexibilität sind auch das wirksamste Mittel gegen jenen Kleinmut, der in Europa vielerorts wieder aufkommt.“ Diesem Zitat von Helmut Kohl aus der Zeit kurz nach der Unterzeichnung des Vertrags von Maastricht fügten die Delegierten in ihrem Leitantrag hinzu: „Jenem Kleinmut, der heute insbesondere von einigen Wirtschaftsprofessoren und Nationalromantikern salonfähig gemacht wird und der auch an den übrigen deutschen Parteien nicht spurlos vorübergeht“.

Maßnahmen zur Krisenüberwindung und demokratische Legitimität

Mit der Verabschiedung des Leitantrags bestätigten die knapp 120 Delegierten die programmatische Arbeit der vergangenen Jahre und forderten die Einführung eines Schuldentilgungsfonds oder gemeinsamer europäischer Schuldscheine, einen EU-Haushalt, der auf eigenen Steuereinnahmen beruht, sowie die Einführung einer europäischen Mindestarbeitslosenversicherung. Diese soll als automatischer Stabilisator die Eurozone weniger krisenanfällig machen.

Neben dem Leitantrag fand ein weiterer Antrag die Zustimmung der Delegierten. Darin werden detaillierte Maßnahmen für die Vergemeinschaftung zentraler Bereiche der Wirtschafts- und Finanzpolitik der EU-Staaten gefordert. Um diese Maßnahmen mit der notwendigen demokratischen Legitimation auszustatten, sprachen sich die Delegierten in diesem Antrag außerdem für die Wahl der Kommission durch das Europäische Parlament, für transnationale Listen bei den Europawahlen sowie gegen Überlegungen zur Schaffung eines „Eurozonenparlaments“ aus. Das Europäische Parlament als Parlament der EU müsse auch das Parlament der gemeinsamen Währung sein.

Für einen verfassungsgebenden europäischen Konvent

Ein Teil der geforderten Maßnahmen sind nicht mit den Bestimmungen der derzeitigen Verträge umsetzbar. Deswegen fordert der JEF Bundeskongress die Einberufung eines Konvents (verfassungsgebende Versammlung). Dieser solle nach den Europawahlen 2014 die notwendigen Reformen ausarbeiten und das europäische Vertragswerk in Form einer europäischen Verfassung vorlegen. Die Zivilgesellschaft müsse eng in die Arbeit des Konvents einbezogen werden.

Insgesamt hat die JEF Deutschland mit ihrer programmatischen Einstimmung auf die Europawahlen gezeigt, dass sie den Spagat zwischen visionärem, kreativem Vorausdenken und konkreten, pragmatischen Vorschlägen zum schrittweisen Erreichen dieser Fernziele mit Bravour meistert. Einziger Wermutstropfen aus Sicht des Bundesvorstands war die Entscheidung der Delegierten, sich aus pragmatischen Überlegungen gegen den symbolischen Vorschlag auszusprechen, den Konvent ab 2014 in Sarajevo – der Stadt in der 1914 der Erste Weltkrieg seinen Auslöser fand – tagen zu lassen.

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