Etwa elf Millionen Tonnen an Lebensmittel werden jährlich in der Bundesrepublik Deutschland vernichtet – durchschnittlich 82 Kilogramm pro Kopf. Über die Hälfte davon wird durch Privathaushalte verursacht. Obst und Gemüse machen dabei einen Anteil von 44 Prozent aus. Da kommt ein US-amerikanisches Unternehmen daher und setzt sich vehement für die Zulassung genmanipulierter Nahrungsmittel ein. Diese sollen Kosten bei der Insektenabwehr verringern und Ernteerträge steigern. In letzter Konsequenz bliebe noch mehr liegen und würde noch mehr weggeworfen. Glücklicherweise scheiterte dieses Vorhaben grandios.
Seit die Bundesrepublik 2009 mit dem Verbot des gentechnisch veränderten Mais MON810 ein Zeichen setzte, verlor Monsanto, größter Saatguthersteller der Welt, stetig an Boden in der EU. Von den ohnehin nur zwei genetisch veränderten Produkten, welche in Europa auf den Markt kamen, ist auch die Kartoffelsorte Amflora mittlerweile in Deutschland sowie in sieben weiteren EU-Ländern verboten.
Der kürzlich bekannt gegebene Rückzug Monsantos vom europäischen Markt ist ein Triumph. Ein Erfolg für die, nach wie vor enorm hohen Lebensmittelstandards: Gammelfleischskandale und ähnliches schlagen deshalb so hohe Wellen, weil sie immer noch alles andere als die Regel sind. Der Rückzug ist aber auch ein Sieg der Vernunft und des erfolgreich umgesetzten Protests, sowohl von Verbraucher als auch Produzentenseite. Während eine nicht zu übersehende Protestbewegung mit beeindruckender Hartnäckigkeit auf die Straße ging, wurde das Produkt von Großbauern zurückgewiesen, die Nachfrage blieb gering. Es macht Mut zu sehen, dass Protest auch in der heutigen Zeit nicht wirkungslos verhallen muss. Von der Brent Spar-Affäre ’95 über den anhaltenden E10-Boykott bis hin zu den aktuellen Entwicklungen um Monsanto - man kann sich hierzulande noch empören.
Mit Monsanto trifft es dabei keineswegs die Falschen: Der erste, automatisch ergänzte Vorschlag beim Eintippen des Firmennamens in die Suchleiste von Google ist Monsanto mit Gift und Genen. Fragwürdige Firmenpolitik (angestrebte Monopolisierung des weltweiten Landwirtschaftsmarktes, Aufkaufen jeglicher Konkurrenz), schwer gutzuheißende Verhandlungspolitik mit Landwirten – bei Monsanto trifft man auf beinahe alle dunklen Seiten eines internationalen Großkonzerns. 1996 noch verlieh ausgerechnet Al Gore, damaliger Vizepräsident der vereinigten Staaten von Amerika, dem Unternehmen den Presidential Award for Sustainable Development. Ob er sich heute noch einmal genauso entscheiden würde, bleibt indes fraglich.
Fraglich bleibt auch der Kern der Diskussion, nämlich eben jener „Genmais“. Besonders Wissenschaftler sprechen sich vehement für eine Verbreitung des Produktes aus, welches Erträge und Umsätze steigern und Herbizideinsatz vermindern soll. Auf der Gegenseite stehen unvorhersehbare Veränderungen und gefährliche Eingriffe in das Ökosystem. Ein schwaches Gegenargument, wie es scheint. Wann stand das Ökosystem schon jemals der maximalen Erfüllung menschlicher Bedürfnisse im Weg? Bei aller wissenschaftlichen Fundiertheit und allen vermeintlichen Vorteilen bleibt jedoch eine Frage: Braucht Deutschland, braucht die EU genetisch veränderte Nahrungsmittel?
Wäre es nicht sinnvoller, die Produkte im Zuge fairer Verhandlungen an Länder zu liefern, welche nach wie vor von ihren Ernteerträgen abhängig sind? Könnte nicht hier eine höhere Produktivität und ein vermehrter Schutz gegen Insektenplagen die ein oder andere Hungersnot verhindern oder zumindest eindämmen? Es wäre falsch, an dieser Stelle naiv zu sein und Genmais kategorisch abzulehnen. Im Falle der EU jedoch hätte von der angestrebten Marktexpansion vor allem einer der beteiligten Akteure profitiert: Monsanto selbst. Die EU braucht keinen genetisch veränderten Mais und keine genetisch veränderten Kartoffeln. Die Bürger haben mit einem klar verständlichen Nein auf entsprechende Pläne geantwortet.
Kommentare verfolgen: |