Österreich und Europa : eine komplizierte Beziehung

Der Euroskeptismus ist in den Alpen so hoch wie noch nie

, von  Arnaud Laaban

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Österreich und Europa : eine komplizierte Beziehung

Die zwei recht-extremen Parteien FPÖ und BZÖ sind die Hauptsieger der letzten Wahl

Die letzten Wahlergebnisse in Österreich haben sich durch eine unbestreitbare Realität ausgezeichnet: der Euroskeptismus war in den Alpen so hoch wie noch nie. In der Tat wurden die zwei recht-extremen Parteien, die FPÖ (Freiheitliche Partei Österreich) und BZÖ (Bündnis für die Zukunft Österreichs) mit rund jeweils 20 und 10% die Hauptwahlsieger, obwohl sie trotzdem die absolute Mehrheit nicht erreichen konnten.

Europa als Sündenbock der österreichischen Politik

Während des letzten Wahlkampfes ist Europa der Sündenbock vieler östrerreichischer Politiker geworden. Von Seiten der Rechts-extremen wurde eine harte Kommunikationspolitik durchgeführt. Sie haben nämlich ihre Offensive auf zwei Argumente beschränkt: den möglichen Beitritt der Tükei zu der europäischen Union (oder die Angst vor einer massiven Immigration) und den Verlust der Neutralität des Staates, worauf die Österreicher einen grossen Wert legen.

Im Jahre 2007 wurde eine Werbesoffensive gegen die Türkei in den Medien durchgeführt. Auf den Mauer jeder U-bahn Stationen lauteten die Werbungen der FPÖ: „Wien darf nicht Istanbul werden“ (In Österreich sind politische Werbungen gesetzlich erlaubt). Ein Jahr später, im Rahmen der Ratifizierung des Lissabon Vertrags, wurde die Wiener U-bahn von einer anderen Werbung überflütet: „lieber frei und neutral als EU Knecht und Recht“.

Natürlich sind die Vorwürfe der Rechextremisten überhaupt nicht erstaunlich. Im Gedächtnis bleiben auch die Beschuldigung der französischen Politiker „Brüssels“.

Erstaunlich und beunruhigend ist die Stellungnahme eines Teils der österreichischen Sozialdemokraten. In der Tat hat sich die Euroskepsis innerhalb der SPÖ auch gestärkt. Dieser hat nichts mit der Euroskepsis des linken Flügels des französischen sozialistischen Partei, die nach einem sozialeren Europa streben, zu tun.

Im Gegensatz dazu halten sie, darunter Werner Faymann, Spitzenkanditat der SPÖ und neuer Bundeskanzler, eine seltsame Verbindung mit der populistischen Kronen Zeitung, deren antieuropäische Haltung ein offenes Geheimnis ist.

Im Juni, nach den Wahlen in Irland, hat der ehemalige Bundeskanzler Alfred Gusenbauer in einem Artikel in der Kronen Zeitung den Standpunkt vetreten, dass die Organisation von nationalen Volksabstimmungen über jede konstitutionelle Änderung des EU-Rechts gefordert werden solle. Diese Forderungen Alfred Gusenbauers wurde in den anderen Ländern als eine antieuropäische Rede betrachtet. Die ÖVP (Österreische Volkspartei), Partner der SPÖ im Rahmen der grossen Koalition, hat übrigens diese Forderungen nicht angenommen, was zur Zersplitterung der Regierung geführt hatte.

Die ÖVP hat nämlich ihre europäischen Überzeugungen immer verteidigt. Diese Strategie war jedoch nicht erfolgreich, da die ÖVP nur knapp einen Viertel der Wählerstimme versammelt hatte. Für den Wahlsieg in der letzten Wahl schien eine euroskeptische Stellungnahme folglich notwendig zu sein.

Das Missverständnis über Europa

Warum ist dieser Euroskeptismus in Österreich so hoch? Österreich ist der europäischen Union ziemlich spät beigetreten, d.h im Jahre 1995. Bis 1991 war Österreich sowieso verpflichtet, ausserhalb der europäischen Union zu bleiben. Nach dem zweiten Weltkrieg, wurde tatsächlich Österreich in vier Besatzungszonen aufgeteilt. Diese Lage hat bis 1955 gedauert, als Molotov, der Chef der sowjetischen Diplomatie, nach langen Verhandlungen angenommen hat, die letzen sovietischen Truppen aus Österreich zurückzuziehen. Als Bedingung musste Österreich neutral bleiben.

Diese Episode der Geschichte Österreichs hat eine höchst wichtige Bedeutung: es war das erste Mal gewesen, dass Österreich seine eigene Zukunft in die Hand genommen hat. Seit 1918 wurde die Geschichte Österreichs immer wieder von anderen Grossmächten diktiert: die Grenzen und das Anschlussverbot 1920, der Zwangsanschluss 1938, die Aufteilung Österreichs 1945... Deshalb bildet die Neutralität ein bedeutendes Gründungselement der österreichischen Nation.

Nach dem Fall der Mauer und die Auflösung der Sowjetunion hat sich Österreich sofort die Frage gestellt, der europäischen Union beizutreten, was den Verzicht auf die Neutralität verursachen würde. Ab 1989 war Österreich Beitrittskandidat und 1995 hat das Land der EU beigetreten. Nichtdestotrotz haben die österreichische Politiker und sogar die europäischen Vertreter immer versucht, die Österreicher davon zu überzeugen, dass die Union die Neutralität Österreichs nicht in Frage stellt. Demzufolge wird das Missverständnis zwischen dem Volk und pro-EU Politikern von den Rechtextremen ausgenützt.

Die Angst vor den anderen

Logischerweise wirkt sich diese Euroskepsis auf die Beziehungen zwischen Österreich und seinen Nachbarn. Obwohl die Osterweiterung der EU 2004 und besonders der Schengenzone 2007 die Bewegungsfreiheit zwischen den unterschiedlichen Regionen des ehemaligen österreich-ungarischen Reichs wiederherstellt, hat sich ein Angstgefühl entwickelt: Angst vor dem sozialem Dumping, Angst vor Immigranten aus diesen Staaten oder die durch diese Staaten fahren... Diese Angst vor den anderen, besonders vor den Immigranten ist also die Furcht, seine eigene Identität zu verlieren.

Diese österreichische Identität ist eigentlich eine Unsichere, da ein grosser Teil der modernen und zeitgenössischen Geschichte des Landes vom Aussen diktiert wurde. Deshalb ist das Fremdenfeindlichkeitsgefühl gegenüber den Türken aber auch gegen die Deutschen ziemlich gross. Leider betrifft diese Situation nicht nur die älteren Bürger, wie in vielen anderen Länder Europas, sondern auch die jüngsten. Die Hälfte der 16-18 jährigen Wähler (Das aktive Wahlrecht wurde auf 16 Jahre gesenkt) haben tatsächlich entweder für die von dem jungen Heinz-Christian Strache geführte FPÖ oder für das von Jörg Haider geführte BZÖ gewählt.

Die Zukunft Europas in Österreich hat sich folglich verdunkelt, umso mehr als viele Jugendliche sich von den recht-extremen Politikern verführen haben lassen. Die Missverständnisse über die Neutralität sind noch tief und der Mangel an „Europäismus“ der österreichischen Politiker ist zu gross, um diese Tendenz kurzfristig umzukehren.

Aber die Krise könnte Europa wieder in Schwung in Österreich bringen: Die Zustimmung der Österreicher zur Europäischen Union hat sich dank der Krise auf eher niedrigem Niveau deutlich verbessert. Nach der letzten Eurobarometer-Umfrage, die im Dezember in Brüssel veröffentlicht wurde, sagen 39 Prozent, dass die EU-Mitgliedschaft Österreichs insgesamt ,,eine gute Sache“ sei (28% ein Jahr früher).

Bild : Fahnen vom Land Niederösterreich, vom Statt Österreich und von der europäischen Union. Quelle : Petra Broda sur flickr

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