Polizeigewalt – auch ein Problem innerhalb der EU

, von  Tobias Kreutzer

Polizeigewalt – auch ein Problem innerhalb der EU
Griechische Polizisten machen sich bereit, um mögliche Gewaltausbrüche bei einer Demonstration zu verhindern. Doch nicht immer sind sie Freund und Helfer – Polizeigewalt ist ein Problem in vielen Mitgliedsländern der EU. Foto: © George Laoutaris: „Εναντίον του εσωτερικού εχθρού“, http://tinyurl.com/nuyxban. CC BY-ND 2.0: https://creativecommons.org/licenses/by-nd/2.0/

Recep Tayyip Erdogan zufolge hat der türkische Polizeiapparat „den Demokratietest bestanden“. Nach wie vor rechtfertigt er das brutale Vorgehen der Exekutive bei der Räumung des Taksim-Platzes und sieht sein Land bereit für den EU-Beitritt. Der Einsatz von Wasserwerfern und unverhältnismäßige Polizeigewalt scheinen legitim im Kampf gegen „Terroristen“ und „Gesindel“. Bei aller zu Recht angebrachten Kritik von Seiten der Mitgliedsstaaten, eignet sich jedoch auch innerhalb der Europäischen Union nicht jedes Land als Vorbild.

Der Freund und Helfer

In harten Bildern und erschreckender Konsequenz widmete sich das ARD-Format„Polizeiruf 110“ vorletzten Sonntag erstmals ausführlich dem Thema, welches seit Anfang dieses Jahres zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit geriet: Polizeigewalt, nicht gegen Horden bewaffneter und gewaltbereiter Hooligans, sondern gegen Einzelpersonen in, so scheint es, kontrollierbaren Situationen.

Die Bilder von Teresa Z. und ihres von Blutergüssen übersäten Gesichtes - aufgenommen nach einer Nacht auf einer Münchener Polizeiwache – warfen viele Fragen auf. Auch ob es nötig gewesen wäre, den nackten, offenbar unter Drogeneinfluss stehenden Mann vor dem Bundestag in Berlin gezielt zu erschießen, hielten Viele für fragwürdig. Sieht die polizeiliche Ausbildung die beabsichtigte Tötung eines Menschen nicht als letztes Mittel an? Hätte es nicht gereicht, den Mann mit einem Beinschuss bewegungsunfähig zu machen?

Der deutsche Sicherheitsapparat gilt weltweit als hochprofessionell und leistet unterstützende Ausbildungsarbeit in vielen Ländern. Die hohe psychische Belastung des Berufes führt dennoch immer wieder zu unschönen Geschichten, die langsam aber sicher am Image des „Freund und Helfers“ nagen.

Diskriminierung und Misshandlungen

Im EU-Vergleich scheint Deutschland, trotz solcher oft sehr medienwirksam aufbereiteten Meldungen, noch am ehesten den menschenrechtlichen Standards zu entsprechen.

Amnesty kritisiert in einem Bericht zum Thema „Rechtswidrige Polizeigewalt in Europa“ aus dem Jahre 2010 unter anderem Frankreich, Griechenland, Österreich und Spanien. Besonders in Frankreich und Österreich sei eine „rassistische Diskriminierung – insbesondere von Migranten und Angehörigen ethnischer Minderheiten“ vermehrt feststellbar.

Griechenland und Spanien fielen der Menschenrechtsorganisation vor allem durch Folter und Misshandlungen von Seiten des Polizeiapparates negativ auf. Auch Erdogan hatte vor wenigen Wochen explizit auf das Beispiel Griechenland verwiesen, als er die EU-Staaten dazu aufforderte, sich um ihre eigenen Angelegenheiten zu kümmern.

Diskussionsbedarf

Die griechische Tageszeitung Politis gibt dem türkischen Staatschef Recht: „Es war kein Zufall, dass Erdogan Griechenland erwähnt hat“, heißt es in einem Bericht. Bilder von Polizisten „die in Athen Rentner schlagen“, habe auch er gesehen. Was die Exekutive und die Ausübung ihrer Pflicht angeht, erscheint die EU also nicht durchgängig als leuchtendes Vorbild.

Ohne die Vorfälle in Deutschland auf eine Stufe mit dem brutalen Vorgehen der türkischen Beamten stellen zu wollen: Polizeigewalt ist ein Thema, welches sowohl in Deutschland als auch in der EU einer öffentlichen Debatte bedarf. Erdogan mag mit seinen Äußerungen vielleicht einen nicht ganz verhältnismäßigen Vergleich angestellt haben, möglicherweise verdanken wir ihm aber einen längst fälligen Diskussionsanstoß.

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