In seinem ersten Roman „A short border handbook“ konzentrierte sich Kapllani auf Migration und Grenzen. Dieses Mal richtet der griechisch-albanische Autor seine Aufmerksamkeit auf die Gefahren des wachsenden Nationalismus, in seinem neuen Buch „My name is Europe“. Er thematisiert Probleme rund um Migration, Grenzen und Identität, indem er persönliche Geschichten aus der Perspektive von Migranten erzählt und gleichzeitig Möglichkeiten im Umgang mit Zuwanderern in Europa durch das Entwickeln eines Zukunftsszenarios, aufzeigt.
Die Handlungsdefizite in Europa
Der Roman „My name is Europe“ beginnt mit Geschichten verschiedener Migranten aus autobiographischer Perspektive. Eine von ihnen ist Katerina, ein 18-jähriges Mädchen, geboren in Athen, das aus erster Hand Ablehnung durch die griechische Regierung erfährt. Ihre Eltern stammen aus Afrika und wanderten nach Griechenland aus. Im Alter von 18 Jahren erkennt sie, dass sie unter dem Pass ihrer Mutter gelebt hat und nun einen eigenen benötigt. Sie ist nun nicht mehr eine griechische Staatsbürgerin, sondern eine Sans-Papiers, eine Illegale, und die griechische Regierung zwingt sie, einen Reisepass im Herkunftsland ihrer Eltern, in Ghana, zu beantragen. Aber sollte sie nach Ghana reisen, kann sie vielleicht nie mehr nach Griechenland zurückkehren. Kapllani arbeitet hart, um sich in die Haut der verschiedenen Charaktere, welche ebenfalls real sein könnten, hinein zu versetzen. Katerina muss sich den griechischen Regierungsvorschriften stellen, gemäß denen die Staatsangehörigkeit auf Geburtsbedingungen beruht, was bedeutet, dass nur Kinder von griechischen Eltern die griechische Staatsangehörigkeit erhalten können. Die Geschichte ist Fiktion und doch verweist der Roman auf den aktuellen Umgang mit Zuwanderern in Europa. Leider sind Geschichten wie die Katerinas nicht ungewöhnlich in Europa. Asylanträge werden abgelehnt und Menschen ausgewiesen. Doch es ist nicht nur eine Erzählung über die negativen Erfahrungen als Migrantin, sondern auch über die Komplexität der Identität, den Sprung von einer Kultur zur anderen, das Erlernen einer neuen Sprache und die Anpassung an eine völlig fremde Kultur, wie es auch Kapplani während seiner Migration nach Griechenland in 1991 erlebte. Kapllani beweist ein scharfes Bewusstsein für die Schäden, die von einigen europäischen Grenzen geschaffen wurden. Eben Jene Grenzen, die uns davon abhalten, ein Leben in einem multinationalen Staat, der auf dem Zusammenleben verschiedener Kulturen beruht, zu führen.
Wachsender Nationalismus
Nachdem er ein Leben unter einem totalitären Regime in den Balkanstaaten erlebt hat, stellt er dar, wie sich der Nationalismus der Balkanstaaten erst im Laufe der Geschichte entwickelte. Während der riesigen Imperien von Alexander I., dem rumänischen Reich, der byzantinischen Epoche und dem Osmanischen Reich waren die Balkanstaaten ein multinationaler Staat. Kapllani erinnert uns an die Entstehung des Nationalismus und schreibt, inspiriert von Milan Kundera, über „Die unerträgliche Leichtigkeit der Andere zu sein“. Er beschreibt die lächerliche Angst der Balkan-Staaten, sich ihre Ähnlichkeiten einzugestehen. Die nationalen Souveränitäten haben alle Spuren von Kosmopolitismus, jener Koexistenz verschiedener Kulturen, die einst ein wichtiges historisches Kulturerbe dieser Länder repräsentierte, ausgelöscht. Neue Grenzen in Europa Kapllanis Roman beschränkt sich nicht nur auf Beschreibungen der Herausforderungen, die durch Grenzen, die Komplexität der Migration oder die ungerechte Behandlung von Einwanderern entstanden sind. Er startet einen Aufruf für ein vereinigtes Europa ohne Grenzen und für eine Welt, in der Männer und Frauen die Freiheit haben, zu wählen wo sie leben und wohin sie reisen.
Für weitere Informationen über den Autor und sein Werk, ein Interview (auf Französisch) im Courrier des Balkans oder auf Mediapart an.
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