Beitrag anlässlich des Online-Jugenddialogs der Europa-Union Deutschland zum Thema „How to deal with China? EU-China relations in the light of the war in Ukraine" am 30.Juni 2022

Die EU, China und der russische Angriffskrieg in der Ukraine: Welche Zukunft für die EU-China-Beziehungen?

, von  Friederike Graupner

Die EU, China und der russische Angriffskrieg in der Ukraine: Welche Zukunft für die EU-China-Beziehungen?
Foto: Christine Oymann & Europa-Union Deutschland Graphic Recording des Online Jugenddialogs „How to deal with China? EU-China relations in the light of the war in Ukraine“.

Am 26. Februar 2022 scheiterte die unter Federführung der USA eingebrachte Resolution zu Russlands Einmarsch in die Ukraine im UN-Sicherheitsrat. Wie erwartet blockierte Russland diese durch ein Veto, aber auch Länder wie Indien und China stimmten der Resolution nicht zu, sondern enthielten sich. Dabei wurde das Stimmverhalten Chinas - sonst enger Partner Russlands bei Abstimmungen in den Gremien der UN - als vorsichtige Distanzierung Pekings von Russland gewertet.

In den vergangenen fünf Monaten hat die EU Anstrengungen unternommen, ihre Abhängigkeit von russischen Energieträgern – vor allem Öl und Gas - schrittweise abzubauen, parallel dazu steigt die Menge des von China aus Russland importierten Gas stetig. Die Reaktionen auf den Krieg könnten nicht unterschiedlicher sein. Was macht das mit den EU-China Beziehungen? Wo stehen wir und wo wollen wir hin?

Diese und viele weitere Fragen diskutierten am 30. Juni 2022

  • Dr. Una Aleksandra Bērziņa-Čerenkova, Leiterin des China Studies Centre an der Riga Stradins University,
  • Ties Dams, Research Fellow am niederländischen Clingendael Institute, und
  • Gyde Jensen, stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag sowie stellvertretende Vorsitzende der Deutsch-Chinesischen Parlamentariergruppe

im Rahmen des Online-Jugenddialogs „How to deal with China? EU-China relations in the light of the war in Ukraine“ der überparteilichen Europa-Union Deutschland e.V. mit mehr als 40 Teilnehmenden.

China: Kooperationspartner, wirtschaftlicher Wettbewerber und systemischer Rivale?

Im März 2019 formulierte die Europäische Kommission ihre strategische Agenda zu den EU-China Beziehungen neu und passte dabei das offizielle Bild Chinas an die veränderten Realitäten an: China einerseits als Kooperationspartner aber auch Systemkonkurrent, der alternative Modelle der Staatsführung propagiert.

Auf dieser Annahme basieren die letzten drei Jahre EU-Chinapolitik, die von Versuchen der Kooperation im Kampf gegen die globale Erwärmung, einem auf Eis gelegten Investitionsabkommen (EU-China Comprehensive Agreement on Investment), gegenseitigen Sanktionspaketen und jetzt dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine geprägt sind. Trotz dieser vielschichtigen Beziehung ist China nicht nur im Bereich der Klima- und Energiepolitik Kooperationspartner, sondern auch der wichtigste Handelspartner der EU.

Darüber hinaus kooperieren die EU und China im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik und engagieren sich für gegenseitigen kulturellen Austausch. Insbesondere im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik musste die EU in den letzten Jahren jedoch anerkennen, dass China u.a. durch den Ausbau seines Kernwaffenarsenals nicht nur Partner, sondern auch Rivale darstellt.


Strategischer Kompass

Der strategische Kompass ist der Fahrplan der EU zur Verbesserung der gemeinsamen Verteidigungs- und Sicherheitspolitik bis 2030. Neben generellen außenpolitischen Überlegungen wird China in dem Dokument als einer der beiden wichtigsten Akteure für die Außen- und Sicherheitspolitik der EU hervorgehoben.


Auf die Frage, ob die EU mehr mit China kooperieren sollte, antworteten zu Beginn des Jugenddialogs 40% der Teilnehmenden mit ja, 45% waren der Meinung, dass die Kooperation nur in bestimmten Politikbereichen intensiviert werden sollte und 15% hielten eine intensivere Kooperation zwischen EU und China für falsch.



Die Antworten der Teilnehmer*innen des Jugenddialogs auf die Frage, wie viel Kooperation sie sich zwischen der EU und China wünschen. Foto: Europa-Union Deutschland


Die Klimakrise als Chance für die EU-China Beziehungen?

Einer der Themenbereiche, in dem die drei Expert*innen gute Chancen für eine erfolgreiche europäisch-chinesische Kooperation sahen, ist der Kampf gegen den Klimawandel. In diesem Bereich sei China aufgrund der hohen aktuellen Beteiligung am Ausstoß von Emissionen notwendiger und wichtiger Kooperationspartner. Des Weiteren hätten die EU und China in diesem Bereich ein gemeinsames Ziel vor Augen, welches sie aktuell allerdings noch mit teils sehr unterschiedlichen Ansätzen und Schwerpunkten verfolgen.

Die Expert*innen vertraten dabei während der Diskussion die gemeinsame Position, dass für eine effiziente Kooperation rund um die Fragen der globalen Erwärmung eine größere Kooperationsbereitschaft von chinesischer Seite benötigt würde. Die Umsetzung eines gemeinsamen Emissionshandelssystems sei ein wünschenswertes Kooperationsprojekt. Dabei stuften die Expert*innen eine Verzahnung des chinesischen Ansatzes für eine CO2-Bepreisung und dem europäischen Emissionshandelssystem als realistisches gemeinsames Ziel ein, welches eine Grundlage für zukünftige gemeinsame Projekte legen könnte.

Unterschiedliche Perspektiven aufgrund unterschiedlicher Wertevorstellungen?

Doch egal welches Thema betrachtet wird - Klima- und Energiepolitik oder Außen- und Sicherheitspolitik -, es zeigt sich in allen Bereichen, dass europäisch-chinesische Kooperation immer auch mit Widersprüchen verbunden ist. Dabei erarbeiteten die Expert*innen heraus, dass diese Widersprüche vor allem in den unterschiedlichen Vorstellungen von Werten wie der Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte; und den trotzdem vorhandenen gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen begründet seien.


Grundwerte der EU

„Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte, einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören.“


Widersprüche und die Zukunft der EU-China-Beziehungen

Aber wie soll eine chinesisch-europäische Kooperation aussehen, wenn diese Widersprüche bestehen bleiben? Welche Lektionen sollen Politik, Gesellschaft und Unternehmen aus den Erfahrungen der letzten Jahre ziehen und in die EU-Chinapolitik der nächsten Jahre einfließen lassen?

Darauf finden die Teilnehmer*innen vor allem zwei wichtige Antworten:

  • Kooperation im Bereich von Klimafragen ist nicht optional, sondern obligatorisch
  • Für eine gleichberechtigte Partnerschaft zwischen EU und China benötigen wir eine starke gemeinsame europäische Position

Die Antworten der Teilnehmer*innen spiegeln auch einen Teil der Ansätze aus dem Strategischen Kompass und damit auch einzelne Aspekte der aktuellen Chinapolitik der EU wider. Doch wie dies in den nächsten Jahren in die Praxis umgesetzt werden kann, welche weiteren Herausforderungen für die Kooperation entstehen und ob der Kampf gegen den Klimawandel das vereinende Glied für beide Seiten darstellen kann, wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen.

Dieser Beitrag ist im Rahmen einer Kooperation zwischen der Europa-Union Deutschland und treffpunkteuropa.de entstanden, in der wir über die bundesweite Bürgerdialogreihe „Europa - Wir müssen reden!“ berichten.

Der Online-Bürgerdialog wurde von der überparteilichen Europa-Union Deutschland e.V. veranstaltet und ist Teil des Bürgerdialogprojekts „Europa in der Welt – Wir müssen reden!“. Die Veranstaltung wurde durch das Auswärtige Amt gefördert und fand in Kooperation mit den Jungen Europäischen Föderalisten (JEF) Deutschland und der Union Europäischer Föderalisten (UEF) statt.

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