Moldawien, Macron und Babis

, von  Radu Dumitrescu, übersetzt von Patrick Geneit

Alle Fassungen dieses Artikels: [Deutsch] [English]

Moldawien, Macron und Babis
Bildquelle: Anja Meunier

Unsere Kolleg*innen von „The New Federalist“, der englischsprachigen Schwesterzeitschrift von treffpunkteuropa.de, berichten von wichtigen Ereignissen, die sich in der vergangenen Woche in Europa zugetragen haben, darunter einige, die eventuell untergegangen sind. Fehlt aus eurer Sicht etwas? Hinterlasst einen Kommentar auf der Facebook-Seite von „The New Federalist“.

Überraschend Pro-EU-Regierung in Moldawien gebildet

In dieser Woche hat die Pro-EU-Fraktion ACUM („Jetzt“) unter der Führung von Maia Sandu und Andrei Năstase eine Koalition mit der Sozialistischen Partei gebildet, um die Demokratische Partei und ihren Vorsitzenden Vladimir Plahotniuc von der Regierung zu stürzen. Plahotniuc, der kein formales Amt in der vorigen Regierung besetzt, diese aber dennoch kontrolliert hat, wurde als ein Oligarch angesehen und sowohl von Bürgerrechtsgruppen als auch von der EU für die schlechte Regierungsführung und eine mangelnde Transparenz kritisiert. Nach den ergebnislosen Wahlen im Februar zeichneten sich vorgezogene Neuwahlen ab – doch ein Deal in letzter Minute verhinderte dies und setzte Maria Sandu am Samstag in das Amt der Premierministerin Moldawiens. Das Verfassungsgericht des Landes verfügte, dass die Koalition nichtig sei, was zu Besorgnis und Verwirrung unter ihnen führte. Eine hoffnungsvolle Sandu versprach, Moldawien von Korruption und Machtmissbrauch zu bereinigen, und nicht zu vergessen – die Beziehungen zur EU wieder zu verbessern. Die EU, die Vereinigten Staaten und Russland sprachen ihrer neuen Koalition ihre Unterstützung aus. Proteste von beiden Seiten werden in den nächsten Tagen erwartet.

Deutschland verabschiedet umstrittenes Einwanderungsgesetz

Am Freitag verabschiedete Deutschland ein Gesetzespaket, welches große Veränderungen zur Asyl- und Einwanderungspolitik zur Folge brachte. Dieses Paket enthielt das „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“, welches die Befugnisse der Polizei erweitert und Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber*innen beschleunigt. Die Gesetzesmacher*innen versuchen damit, den Anteil erfolgreicher Abschiebungen zu erhöhen – die Hälfte der fast 200.000 geplanten Abschiebungen seit 2015 scheiterten oder wurden nicht ausgeführt. Daneben sollen die neuen Gesetze den deutschen Arbeitsmarkt für ausländische Fachkräfte, besonders diejenigen, die Deutsch sprechen, weiter öffnen. Die Gesetze wurden im Parlament stark debattiert, die Grünen und die Linke betonten eine Verletzung der Rechte von Asylbewerber*innen durch das Gesetz. Andererseits bestand Innenminister und CSU-Vorsitzender Horst Seehofer, dass das neue Gesetzespaket vonnöten sei. Währenddessen versucht die SPD, ihre eigene Position zur Einwanderungspolitik auszuarbeiten.

Anti-Brexit Partei „Change UK“ teilt sich

Im Nachgang der desaströsen Ergebnisse bei den Europawahlen hat sich Großbritanniens Anti-Brexit-Partei Change UK, welche erst vor drei Monaten gegründet wurde, aufgespalten. Die Partei aus 11 „zentristischen“ Parlamentsmitgliedern von Labour- und Tory-Partei teilte sich in zwei Gruppen auf, es bleiben 5 Abgeordnete, während die anderen 6 nun keiner Partei mehr angehören. Diejenigen, die die Partei verließen, zeigten ihre Enttäuschung, machten aber auch deutlich, dass eine vernünftige Partei der Mitte erforderlich sei sowie eine weitere Volksabstimmung zum Brexit. Vince Cable, Vorsitzender der Liberaldemokraten, einer der Parteien, die als Gewinner aus den letzten Wahlen hervorging und auch gegen den Brexit ist, sagte, dass die Tür den ehemaligen Change UK-Abgeordneten offenstehe. In der Zwischenzeit bestätigte der US-PKW-Hersteller Ford am Donnerstag die Pläne zur Schließung des Werks in South Wales für September 2020 – ohne sich konkret auf den Brexit zu beziehen, aber nach kontinuierlichen Warnungen in der Vergangenheit, dass dies geschehen könne, sollten die Brit*innen für einen EU-Austritt stimmen.

Macrons Beliebtheit steigt

Laut einer Studie von Harris Interactive liegen Macrons Beliebtheitswerte bei 40% im Mai und steigen somit auf ein Niveau an, was zuletzt vor 9 Monaten erreicht wurde. Seine schwierigen Zeiten begannen, als letztes Jahr im Juli ein Mitglied seines Sicherheitspersonals bei einer gewalttätigen Aktion gegen Demonstranten am Tag der Arbeit gefilmt wurde und als sein beliebter Umweltminister Nicolas Hulot zurücktrat und seine Enttäuschung über fehlendes Engagement für Umweltpolitik ausdrückte. Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, war die Gelbwesten-Bewegung mit ihren wöchentlichen Protesten. Nach all dem beschloss Macron eine Anhörungstour durch das ganze Land, um sich mit den Menschen zu vernetzen. Premierminister Edouard Philippe erfährt nun denselben Trend bei seinen Beliebtheitswerten, besonders unter Anhängern der Sozialistischen Partei. Macrons wiedergekommene Zustimmung stützt sich aber hauptsächlich politisch von der Mitte sowie Mitte-Rechts-Anhänger*innen.

Tschechischer Premierminister steht vor massiven Protesten

An diesem Dienstag protestierten tausende Menschen in Prag mit der Forderung nach einem Rücktritt Andrej Babis‘ und dem seines Justizministers. Das ist die größte Demonstration seitdem Babis Jan Knĕžínek mit Marie Benešová als Vorsitzende des Justizministeriums austauschte, genau einen Tag nachdem die tschechische Polizei vorschlug, der Premierminister solle wegen Subventionsbetrug in Höhe von 2 Millionen Euro an EU-Geldern angeklagt werden. Es wird vermutet, dass die neue Ministerin, eine politische Verbündete Babis‘, diesen Fall niederhalten und somit den Premierminister vor 5 bis 10 Jahren Haft schützen wolle. Die 120.000 Demonstrant*innen forderten Babis dazu auf, die Gelder zurückzuzahlen, die sein Agrofert-Mischkonzern durch die Europäische Kommission erhalten hatte. Babis führt eine Minderheitsregierung an, die von den Tschechischen Kommunist*innen gestützt wird, gegen die Mitte-Rechts und Mitte-Links-Parteien im Land, der CSSD und der ODS.

Kommission startet Defizitverfahren gegen Italien

Vor sechs Monaten versprach die italienische Regierung, sich an die EU-Fiskalregeln zu halten – und brach das Versprechen. Nun startete die Kommission ein Defizitverfahren, was für Italien zu einer Strafe von 3,5 Milliarden Euro führen könnte. „Das Verschuldungskriterium wird momentan nicht eingehalten“, sagte Pierre Moscovici, Wirtschafts- und Währungskommissar der EU-Kommission in Bezug auf Italiens steigende Staatsverschuldung. Die Fiskalregeln der EU beschränken Haushaltsdefizite der Mitgliedsstaaten auf 3% bzw. die Staatsverschuldung unter 60% des jährlichen Bruttoinlandsproduktes. Italien ist dabei, ein Defizit von 3,5% und eine Staatsverschuldung von 135% zu erreichen.

Ihr Kommentar
Wer sind Sie?

Um Ihren Avatar hier anzeigen zu lassen, registrieren Sie sich erst hier gravatar.com (kostenlos und einfach). Vergessen Sie nicht, hier Ihre E-Mail-Adresse einzutragen.

Hinterlassen Sie Ihren Kommentar hier.

Dieses Feld akzeptiert SPIP-Abkürzungen {{gras}} {italique} -*liste [texte->url] <quote> <code> et le code HTML <q> <del> <ins>. Absätze anlegen mit Leerzeilen.

Kommentare verfolgen: RSS 2.0 | Atom