Ein Jahr des Friedens

Wer ist der António Guterres?

, von  Dominik Winkler

Ein Jahr des Friedens
“The United Nations was born from war. Today, we must be here for peace.”, der neue UN-Generalsekretär António Guterres, mittig im braunen Mantel auf dem Foto. Foto: United Nations Photo / Flickr/ CC BY NC ND 2.0 - Lizenz

“The United Nations was born from war. Today, we must be here for peace.” Große Worte fand der Portugiese António Guterres, der neue Generalsekretär der Vereinten Nationen (UN), bei seinem Amtsschwur in der Generalversammlung der UN am 13. Dezember 2016. Frieden ist ihm dabei ein besonders wichtiges Anliegen.

Guterres will neue Schwerpunkte nicht nur auf die Krisenbewältigung setzten, sondern sieht die Verantwortung der UN schon in der Prävention dieser. Das Vorhaben Guterres‘ erscheint sehr ambitioniert, angesichts ungelöster Kriege in Syrien und im Irak, Krisen im Jemen, der Zentralafrikanischen Republik und im Südsudan, sowie einem US-Präsidenten, der als wichtigster Geldgeber die Vereinten Nationen offen infrage stellt.

Die UN selbst beschreibt die Person des Generalsekretärs als Mischung aus Diplomat, Anwalt, Beamter und Vorstandsvorsitzender. Ziel ist es „die menschliche Würde zum Kern seiner Arbeit zu machen und als Friedensvermittler, Brückenbauer und als Förderer von Reform und Innovation zu fungieren.“ Als Vertretung der Interessen der Mitgliedsstaaten und den Werten der UN, ist sie Symbol für deren Ideale und eine Stimme für die Bevölkerung der Welt, insbesondere der Schwachen und Schutzlosen. Dabei kommt es besonders auf Worte, Überzeugungskraft und Beharrlichkeit an. Auch wenn Guterres Vertreter aller Nationen ist, muss er praktisch besonders auf die einflussreichen Länder achten, in erster Linie auf den größten Geldgeber, die USA.

Zur Person Guterres

Der gelernte Elektrotechniker ist in der Politik alles andere als ein Neuling. 20 Jahre lang war er in der Regierung Portugals und im öffentlichen Dienst tätig; insbesondere amtierte er von 1995 bis 2002 als Premierminister unter der Sozialistischen Partei (PS). Auch die Internationale Politik ist dem Sozialdemokraten vertraut. So war er unter anderem Präsident des Europäischen Rates, Mitvorsitzender beim EU-Afrika-Gipfel, Präsident der Sozialistischen Internationalen und ist Mitglied des Klubs von Madrid. 2005 wechselte Guterres schließlich in das Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Flüchtlingshilfe der UN (UNHCR). Deren Anforderungen stiegen in dieser Zeit aufgrund hoher Zahlen Geflüchteter aus den Konflikten in Syrien und im Irak, sowie den Krisen im Jemen, dem Südsudan und in der Zentralafrikanischen Republik. Neben einer Erhöhung des Budgets und der Kapazitäten setzte Guterres eine Überarbeitung der grundlegenden Strukturen des UNHCR durch. Am 13. Oktober 2016 wurde er schließlich als Nachfolger Ban Ki-moons zum Generalsekretär der Vereinten Nationen gewählt.

Herausforderungen

Ob ihm eine genauso grundlegende Reform der Vereinten Nationen gelingt bleibt eher fragwürdig. So beschreibt er in seiner Rede an die Mitarbeitenden der UN die Zeiten als herausfordernd, angesichts sich vermehrender Konflikte, internationalem Terrorismus und dem Verletzen internationalem Rechts, insbesondere dem der Geflüchteten.

Besonders spannungsreich scheint die Zusammenarbeit mit dem neuen US-Präsidenten Donald Trump, dieser bezeichnete beispielsweise die UN via Twitter als „club for people to get together, talk and have a good time“. Inwiefern die protektionistische „America first“-Politik Trumps in Konflikt mit Guterres‘ Linie gerät wird sich noch zeigen. Im Gegensatz dazu erklärte der Generalsekretär in seinem Friedensappel am 1. Januar „den Frieden an erste Stelle zu setzten.

Aber auch in Themen wie dem Pariser Klimaabkommen, dem Atomabkommen mit dem Iran und der Kritik der UN am israelischen Siedlungsbau im Westjordanland gehen die Meinungen weit auseinander. Die betont diplomatische Reaktion auf das Einreisebot gegenüber den USA als Vetomacht, Land des UN-Hauptquartiers in New York und größtem Geldgeber mit 22,8% des UN Etats brachte Guterres erste Kritik ein. Dem gegenüber stehen wiederum Androhungen Trumps, das Budget der USA an die UN deutlich zu kürzen.

Aber auch das Verhältnis der UN zu Russland bleibt spannungsgeladen. Schon im Oktober verlor das Land seine Sitze im UN Menschenrechtsrat. In der Kritik steht das Land weiter für die Teilnahme und Unterstützung der Annexion der Krim und kriegerischen Auseinandersetzungen in Donezk und Luhansk, sowie für Luftangriffe in Syrien zur Unterstützung des Machthabers Assad. Zusätzlich blockiert neben Russland auch China durch ihr Vetorecht im UN-Sicherheitsrat eine Syrien-Resolution. Eine Untersuchung des Internationalen Strafgerichtshofes gegen Regierung als auch Rebellen wird dadurch verhindert. Angesichts der Aktivierung des Raketenschutzschildes THADD der USA in Südkorea im September wich auch China von ihrem konsequenten Kurs gegen Nordkorea innerhalb der UN ab.

Projekte und Reformen

Dem gegenüber appelliert Guterres vor allem zu Frieden. In seiner Rede am 1. Januar fand er dafür folgende Worte: „Alles, wonach wir als menschliche Gemeinschaft streben – Würde, Hoffnung, Fortschritt und Wohlstand –, ist abhängig vom Frieden. Aber Frieden wiederum hängt von uns ab.“ Heraus sticht dabei sein weites Verständnis von Frieden, der für ihn nicht nur die Abwesenheit von Krieg ist. In einer globalisierten Welt, so Guterres, wird der Ausschluss von Wohlstand umso schmerzvoller - das Erleben von Ungerechtigkeit fördert so Wut, Aufstand und Instabilität.

So muss Konfliktprävention die Priorität der UN sein:

„Our most serious shortcoming — and here I refer to the entire international community – is our inability to prevent crises.

Wichtig ist dem Generalsekretär auch die Aufklärung von Verbrechen unter UN-Fahne. Er fordert eine Nulltoleranzpolitik mit Transparenz, Verantwortlichkeiten, sowie Schutz und Rechtshilfe. Auch betont er die Themen Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung, bei denen er auf eine dezentrale Lösung mit einer starken Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten setzt. Die oftmals als bürokratisch kritisierten Strukturen in der UN sollen stärker vereinfacht, dezentralisiert und flexibler werden. Insbesondere die Gleichstellung der Geschlechter möchte er mit Ende seiner Amtszeit erreichen. Hohe Verwaltungspositionen haben hier für Guterres Priorität. Da globale Probleme nur global gelöst werden können, so der Generalsekretär, sind die Vereinten Nationen der Grundstein für einen multilateralen Ansatz.

Perspektive

Es bleibt abzuwarten, inwiefern das ausgerufene Jahr des Friedens angesichts zahlreicher ungelöster Konflikte sich erfüllen kann. Dass es schwer wird, weiß Guterres selbst. Viele Reforminitiativen, wie Resolutionsentwürfe der G4 oder der Afrikanischen Union zu einer Anpassung des Sicherheitsrates, sind bereits gescheitert. Dennoch konnten seine Vorgänger auch schon über weite Teile Strukturen verbessern. Kofi Annan hat beispielsweise zum 60. Jahrestag der UN eine umfassende Strukturreform mit Gründung verschiedener Institutionen wie dem permanenten Menschenrechtsrat oder eine Kommission zur Friedenskonsolidierung durchgesetzt. Dennoch bleiben viele Reformen von der Zustimmung der Generalversammlung abhängig, ein Projekt, das Guterres nicht im Alleingang schaffen kann. So fand er in seinem Friedensappel treffende Worte: „Ich rufe Sie alle dazu auf, sich mit mir gemeinsam für den Frieden einzusetzen, heute und jeden Tag.“

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