Die Generaldirektion Verkehr (DG Move) der Europäischen Kommission im Gespräch

Erleichterung beim Wegfall der Automatik-Beschränkung im Führerschein

, von  Ansgar Skoda

Erleichterung beim Wegfall der Automatik-Beschränkung im Führerschein
Eine Richtlinienänderung könnte zu weniger Umweltverschmutzung auf europäischen Straßen führen.
Foto: Unsplash / A.L. / Unsplash License

Immer mehr Europäer*innen fahren Automatikautos. Der Anteil der Automatikfahrzeuge bei Neuwagen in Deutschland stieg laut ADAC in den vergangenen zehn Jahren von rund 17 Prozent auf knapp 25 Prozent. Wer die praktische Fahrprüfung jedoch auf einem Automatik-Pkw macht, darf später kein Fahrzeug mit Schaltgetriebe fahren. Die Klasse B-Fahrausbildung ist zwar für Automatik- und Schaltwagen identisch: Der einzige Unterschied bei einem Führerschein, mit dem ausschließlich Automatikfahrzeuge gefahren werden dürfen, ist, dass wenigstens einige der Fahrstunden und Prüfung ebenso auf einem Automatik-Pkw absolviert wurden. Im Gespräch mit Elisabeth Werner von der Generaldirektion Verkehr.

Bisher müssen Inhaber*innen eines Führerscheins Klasse-B mit Automatikeintrag (Kennziffer 78) eine neue Fahrprüfung machen, um auch Schaltwagen fahren zu dürfen. Fahrlehrer*innen sehen jedoch seit langem die aktuelle Automatikregelung als wesentlichen Hinderungsgrund für den Einsatz moderner Ausbildungsfahrzeuge in der Fahrausbildung. Umweltschonende Elektrofahrzeuge haben stets ein Automatikgetriebe: Elektroautos vermindern den Kohlendioxid (CO2)-Ausstoß und Stickoxide, weil sie weniger Energie als ein Verbrennungsmotor benötigen.

Wenn Fahrschüler*innen erst nach der Führerscheinprüfung auf einem Automatikgetriebe einer staatlich zugelassenen Stelle wie einer Fahrschule nachweisen brauchen, dass sie auch das Schalten gelernt haben, könnte das auch einen Schritt hin zu mehr Umweltverträglichkeit bedeuten. Fahrschüler*innen würden dann auch nach Erwerb eines Führerscheins mit Automatikeintrag auf einem Automatik-PKW selbstständige Fahrpraxis üben. So könnten sie sich bei späteren Fahrstunden noch einmal gesondert auf das Schalten konzentrieren. Fahrschüler*innen würden so ermutigt, im Fahrschulunterricht auch Automatikfahrzeuge zu nutzen, was den derzeitigen Anstieg der Neuzulassungen von Elektroautos mit Automatikgetriebe weiter fördern könnte.

Deshalb beschloss die Verkehrsministerkonferenz der Bundesländer am 9.11.2017, sich für den Wegfall der Automatik-Beschränkung nach Fahrprüfungen auf Elektrofahrzeugen einzusetzen, um so den Weg für eine zukunftsorientierte Fahrausbildung zu ebnen. Beim Führerscheinerwerb in Deutschland greift das EU-Recht. Details deutscher Änderungen etwa durch das Referat Straßenverkehrsrecht des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) werden mit der EU abgestimmt. Die gebürtige Wienerin Elisabeth Werner, selbst passionierte Fahrradfahrerin, arbeitet seit 1996 in der Europäischen Kommission. Als Kommissionsbeamtin in der Generaldirektion Verkehr (DG Move) der Europäischen Kommission leitet sie das Direktorat „Landverkehr“ mit vier Referaten, von denen zwei die Straße betreffen (Straßentransport und -sicherheit) sowie die Bahn. Regeln und Entscheidungen hinsichtlich des Verkehrssektors auf europäischer Ebene liegen in den Händen der europäischen Fachminister*innen und des Europäischen Parlaments. Doch die Ökonomin Werner und die Kommission legen die Vorschläge auf den Tisch, geben die Ziele vor und verhandeln bis zum letzten Komma mit.

Eine Änderung der Anhänge der Richtlinie 2006/123/EC wurden im Rahmen des technischen Ausschusses für Führerscheinfragen in der Kommission diskutiert, jedoch zunächst wegen des Übergangs in die Amtszeit der neuen Kommission verschoben. Die Konsultationen der internen und technischen Ausschüsse sind mittlerweile beendet. Die Expert*innen haben die Anhänge der Führerscheinrichtlinie mit einer Kommissionsentscheidung geändert. Der Prüfungszeitraum des Parlaments und des Rats endet am 9. April 2020. Danach wird die Annahme durch die Kommission etwa zwei bis vier Wochen dauern.

treffpunkteuropa.de: Was ist der Leitgedanke oder die Absicht bei der Änderung der europäischen Führerscheinrichtlinie?

Elisabeth Werner (DG Move): Der Entwurf einer Richtlinie der Kommission zur Änderung von Anhang II der europäischen Führerscheinrichtlinie wird derzeit vom Europäischen Parlament und vom Rat geprüft. Mit dieser Richtlinie werden die Bestimmungen in Anhang II der Führerscheinrichtlinie für Fahrzeuge der Klassen C, CE, D und DE in Bezug auf das Fahrzeuggetriebe geändert. Damit können alle, die einen Führerschein für Fahrzeuge mit Schaltung in einer dieser Kategorien besitzen, Fahrzeuge mit Schaltung auch in anderen Kategorien fahren, wenn sie für diese einen Automatik-Führerschein haben.

Bisher mussten Inhaber*innen eines Führerscheins Klasse-B mit Automatikeintrag eine weitere Fahrprüfung machen, um auch Schaltwagen fahren zu dürfen. Was ändert sich jetzt?

Die Bestimmungen der Führerscheinrichtlinie, die hier einschlägig sind, wurden nicht geändert. Wer einen B-Führerschein mit dem Code 78, also nur für Fahrzeuge mit Automatikgetriebe hat, muss weiterhin geschult werden und eine Prüfung bestehen, um den Code 78 aus dem Führerschein zu streichen.

Aber die deutschen Behörden haben der Kommission mitgeteilt, dass sie eine Regelung zur Entfernung des Codes 78 aus einem bestehenden B-Führerschein planen, wenn Fahrschüler*innen gerade die praktische und theoretische B-Prüfung mit einem Automatikgetriebe bestanden haben. Damit richtet sich die Änderung primär an alle mit kürzlich erworbenem Automatik-Führerschein, die Regelung soll aber nach unserem Verständnis für alle Automatik-Führerscheine gelten.

Demnach müssten Schüler*innen eine Reihe zusätzliche Fahrstunden absolvieren, mindestens 10 Unterrichtseinheiten mit einer Dauer von 45 Minuten. Da die Führerscheinrichtlinie eine Prüfung vorschreibt, um einen B-Führerschein mit Schaltung zu bekommen, müssen sie außerdem eine mindestens 15-minütige Fahrprüfung bestehen, in der sie die Fähigkeiten nachweisen, die man beim Fahren mit Schaltung braucht, beispielsweise Bergauffahren, Wenden, Vorfahrtsituationen oder umweltbewusstes Fahren. Um das gesamte Verfahren einfacher und kostengünstiger zu gestalten, dürfen Fahrschulen und Ausbilder*innen diesen speziellen Test ohne Beteiligung eines TÜV/ DEKRA-Prüfers durchführen. Wir haben die Behörden informiert, dass wir aus europäischer Sicht keine Bedenken gegen eine solche Regelung haben. Wir haben aber nicht vor, es europaweit vorzuschreiben.

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