Es lebe die Euroskepsis!

, von  Ferghane Azihari, Übersetzt von Christian Weickhmann

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Es lebe die Euroskepsis!

Euroskepsis ist in Mode in Europa. Von der Front National (FN) in Frankreich, über die United Kingdom Independence Party (UKIP) in Großbritannien, das MoVimento 5 Stelle (M5S) in Italien, der Alternative für Deutschland (AfD) bis hin zu Chrysi Avgi (Goldene Morgenröte) in Griechenland: Eine Welle der Euroskepsis schwappt über den gesamten Kontinent. Damit einher geht ein drohendes Debakel bei der Europawahl 2014. Doch sollten wir uns über diesen alarmierenden Befund nicht freuen?

Welle der Euroskepsis oder Entstehung einer europäischen öffentlichen Meinung?

Oft hört man Beschwerden über ein Demokratiedefizit im transnationalen Gebilde EU. Ursache sei eine fehlende länderübergreifende öffentliche Meinung. Doch das Problem scheint gelöst: Es lassen sich starke Vorbehalte gegenüber Europa beobachten – und das auf dem gesamten Kontinent. Ausdruck dessen ist eine Ablehnungshaltung gegenüber der Staatengemeinschaft, Fremdenfeindlichkeit und Nationalismus. Was mehr kann sich ein Verfechter einer gemeinsamen, europäischen Öffentlichkeit wünschen?

Für Arnaud Montebourg, den französischen Wirtschaftsminister (seit 2012 ministère du redressement productif, Ministerium für die Belebung der Produktion; Anm. d. Übers.) ist der Schuldige für diese Entwicklung schnell gefunden: Tatsächlich hat er neulich den Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso als „Brennholz für die Front National“ bezeichnet. Doch die Ursachen für die Tendenzen verdienen eine genauere Analyse.

José Manuel Barroso, Brennholz für die Euroskepsis?

Was sind die Hauptargumente der europäischen Populisten, die auch auf der politischen Bühne noch als akzeptabel erscheinen?

Erstens: Europa sei unfähig, eine Wirtschaftskrise zu meistern. Dadurch hat es sich in eine politische Krise gebracht.

Zweitens: Europa sei technokratisch und misstrauisch gegenüber demokratischen Prinzipien. Das System der Gemeinschaft verfüge nur über unzureichende demokratische Legitimation der Kommissare und der von ihnen geführten EU-Bürokratie. Verbunden mit einem zu schwachen Parlament, fühlen sich die Bürgerinnen und Bürger dadurch nicht von jenen repräsentiert, die ihr Leben so stark beeinflussen.

Mit anderen Worten: Es handelt sich in erster Linie um institutionelle Mängel. Doch die EU ist nur eine internationale Organisation, die aus souveränen Staaten besteht. Ein Verbund also, der seine eigene Funktionsweise in keiner Weise bestimmen kann. Inwieweit kann die Organisation dann für ihre Mängel verantwortlich sein?

Das nationale Führungspersonal ist verantwortlich für die Euroskepsis

Es ist eben das nationale Führungspersonal, das jenes, so verhasste Europa gebaut hat. Die nationalen Regierungen, egal ob links oder rechts, trugen dazu bei, dass Europa eine zutiefst machtlose und schlecht legitimierte Einheit ist. Daher sind auch nur die nationalen Regierungen für die Lage verantwortlich, denn sie haben die Macht, die Verträge neu aufzuschnüren. Jene Verträge, die die Machtverhältnisse in der EU und ihre Geschicke regeln.

Die Mitgliedsstaaten müssen sich ihrer Verantwortung stellen

Die Funktionsweise der Europäischen Union ist nicht nachhaltig, weder unter ideologischen noch unter pragmatischen Gesichtspunkten. Dennoch erinnern uns geopolitsche Faktoren vollkommen zu Recht daran, dass es sich die nationalen Regierungen nicht leisten können, die EU zu beerdigen. Sie haben gar keine Wahl. Sie müssen, früher oder später, die Union reformieren, sie demokratischer und effizienter gestalten - um der Euroskepsis entgegen zu wirken. Selbst wenn es dazu einer schallenden Ohrfeige bei den kommenden Europawahlen bedarf und die Union größter Bedrohung ausgesetzt werden muss! Früher oder später wird es eine Reaktion geben. Die Frage ist nur: Wann? Und was ist der Preis für das Warten?

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