Mit ihrem am 29. November präsentierten Plan für die zukünftige Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) nach 2020 stellte die Europäische Kommission in Aussicht, die Widerstandsfähigkeit des Sektors in Krisenzeiten zu stärken, die Einkommen der Landwirte weiterhin zu sichern, digitale Innovationen voranzutreiben, die Bürokratie einzudämmen und den Generationswechsel in der Landwirtschaft zu unterstützen.
Während die bisherigen Strukturen und Ziele der GAP bestehen bleiben sollen, will die Kommission die Implementierung ändern und den Mitgliedstaaten mehr Freiheiten geben, sodass ihre Unterstützung besser an die tatsächlichen Bedürfnisse der Höfe vor Ort angepasst wird und – so die Hoffnung – auch die Umweltziele erreicht werden.
Die GAP ist in zwei sogenannte Säulen unterteilt. Mit der ersten werden die Einkommen der Bauern durch Direktzahlungen gesichert sowie zusätzliche finanzielle Anreize für die Ökologisierung des Sektors und Marktmechanismen zur Überwindung von Krisen bereitgestellt. Diese Maßnahmen werden zentral in Brüssel festgelegt und gelten dann für alle EU-Länder und alle Bereiche der Landwirtschaft. Im aktuellen Budget-Zeitraum 2014-2020 sind für diese Säule insgesamt 308 Milliarden Euro vorgesehen.
In der zweiten Säule soll mit 99 Milliarden Euro die ländliche Entwicklung gefördert werden. Dabei haben die Mitgliedstaaten und die einzelnen Regionen die Freiheit, eigene Strategien zur ländlichen Entwicklung, basierend auf den individuellen Herausforderungen und Bedürfnissen, vorzulegen. Diese Pläne werden dann von der EU-Kommission überprüft, um sicherzustellen, dass sie im Einklang mit den grundsätzlichen Zielen der GAP sind. Ist dies der Fall, werden Fördergelder gezahlt.
Der Plan der Kommission sieht nun vor, die dezentralisierte Struktur der zweiten Säule auch auf die erste anzuwenden. Dadurch sollen Ineffizienzen beseitigt und gleichzeitig sichergestellt werden, dass die gemeinsamen EU-Ziele erreicht werden, indem Ausgaben auf nationaler und regionaler Ebene möglichst effizient geplant werden.
Vereinfachung, aber keine Re-Nationalisierung
Joachim Rukwied, Vorsitzender des EU-Landwirteverbands Copa, begrüßt den Versuch, die GAP zu vereinfachen. Gemeinsame und einfach verständliche Regelungen seien essenziell. Dabei seien jedoch Garantien notwendig, „die sicherstellen, dass die Vereinfachung auch Mehrwert für die Landwirte bietet.“
Das sieht auch der Think-Tank Farm Europe so, der vergangene Woche die Mitteilung der Kommission kritisiert hatte: Durch die Vorschläge mach die EU-Exekutive lediglich sich selbst das Leben einfacher, während die Bauern sowie die Nationalstaaten vor Bergen an Papierarbeit stehen würden.
Rukwied fügte hinzu, es sei „eine gute Nachricht, dass die Kommission vorgeschlagen hat, beide Säulen der GAP beizubehalten“. Die Direktzahlungen der ersten Säule müssten bestehen bleiben, um das Überleben vieler Höfe zu sichern.
Copa habe allerdings Bedenken in Bezug auf die größeren Freiräume der Nationalstaaten bei der Verteilung der Gelder. Aus Sicht des Verbands müsse die GAP eine „reine EU-Sache ohne Re-Nationalisierung“ bleiben. Andernfalls bestehe das Risiko von unfairem Wettbewerb zwischen den einzelnen Sektoren und den Ländern.
Darunter würde nicht nur der Binnenmarkt leiden, sondern die Ausgaben könnten auch innerhalb der einzelnen Länder weniger effizient getätigt werden, warnt Copa.
Neue Ziele „nach wie vor relevant”
In einem im November veröffentlichten Bericht schreibt der Verband, die in den EU-Verträgen festgelegten Ziele der GAP seien „auch heute nach wie vor relevant.“
Diese Ansicht teilen die Grünen und die Sozialdemokraten (S&D) im EU-Parlament nicht: In einem „Fitness-Check“ der GAP, den die Fraktionen gemeinsam mit den Umwelt-NGOs BirdLife Europe, dem Europäischen Umweltbüro und NABU in Auftrag gegeben hatten, lautet das Fazit, die GAP sei „inkohärent, ineffizient und veraltet.“
Die Agrarpolitik habe zwar erfolgreich ihr Ziel erreicht, Hunger in Europa und Armut unter Landwirten zu beenden. Gerade deshalb sollten für die GAP nach 2020 jedoch tiefergehende Ziele formuliert werden.
„Intelligente Landwirtschaft“ und Generationswechsel
Obwohl die grundlegenden Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik also gleich bleiben, hofft die EU-Kommission, den Fokus verstärkt auf die Annahme neuer Technologien lenken zu können. Dies sei auch wichtig für die ländliche Entwicklung.
Und die Landwirte scheinen zuzustimmen: Intelligente Landwirtschaft könne die Höfe nicht nur dahingehend unterstützen, dass die Kosten verringert und somit die Einkommen erhöht werden, so Copa. Außerdem werde der Generationswechsel in der europäischen Landwirtschaft unterstützt.
Darüber hinaus könnten ländliche Gemeinden auch in anderer Weise von diesen neuen Technologien profitieren. So werde zur Anwendung smarter Landwirtschaftstechnologien eine flächendeckende Breitband-Internetanbindung benötigt. Dadurch entstünden neue Arbeitsplätze für junge Menschen in ländlichen Gebieten, die somit nicht aus Arbeitsplatzgründen in die großen Städte abwandern müssen.
Jannes Maes, Chef des European Council of Young Farmers, hält dies für eine Grundvoraussetzung, wenn die EU mehr junge Leute von einem Beruf in der Landwirtschaft und einem Verbleib in ländlichen Gebieten überzeugen will. Seiner Ansicht nach müsse der Generationswechsel eine Priorität in der neuen GAP werden. Der Anteil der Unter-35-Jährigen liegt bei den Landwirten in der EU bei lediglich sechs Prozent.
Dieser Artikel ist zuerst bei unserem Medienpartner Euractiv erschienen.
Kommentare verfolgen: |