Eurokrise: Der Kampf gegen die Deflation

, von  Martin Samse

Eurokrise: Der Kampf gegen die Deflation
Mario Draghi (mittig): Man würde alles tun, um den Euro zu retten. © ECB European Central Bank / Flickr / CC BY-NC-ND 2.0

In den USA bereitet man die Abkehr von der Politik des billigen Geldes vor. Davon ist man in Europa noch weit entfernt. Die Europäische Zentralbank greift zu allen Mitteln, um eine Deflation in Europa zu vermeiden. Sie nimmt dabei die Enteignung der Sparer und massive Gefahren auf dem europäischen Finanzsektor in Kauf.

2012 hatte EZB-Chef Mario Draghi angekündigt "alles zu tun", um den Euro zu retten. Allein diese Ansage reichte damals aus, um die Spekulationen auf den Zusammenbruch des Euroraumes zu unterbinden. Die Maßnahmen der EZB unterscheiden sich dabei nicht sonderlich von den denen der amerikanischen Notenbank (FED) in den USA. In beiden Fällen handelt es sich um massive Leitzinssenkungen und um den Kauf von Anleihen und Schuldscheinen. Ende letzten Jahres demonstrierte die FED die langfristige Abkehr von dieser Politik und kündigte an den Leitzins moderat zu steigern. Von diesem Schritt ist die Europäische Zentralbank (EZB) noch weit entfernt. Die jüngst gesunkenen Verbraucherpreise deuten darauf hin, dass die EZB ihren Leitzins auch weiterhin auf einem historisch niedrigen Niveau halten wird. Die EZB greift dabei zu den letzten geldpolitischen Mitteln um eine Deflation in Europa zu verhindern. Kritiker warnen, dass die Folgen dieser Geldpolitik verheerend sein könnten.

Inflation und Deflation

Grundsätzlich verfolgt die EZB das Ziel, eine moderate Inflation von bis zu zwei Prozent im europäischen Wirtschaftsraum zu erwirken. Mit Inflation ist die allgemeine Preissteigerung für Waren und Dienstleistungen gemeint, die mit der kontinuierlichen Entwertung des Geldes einhergeht. Sinkt die Inflationsrate aber kontinuierlich ab, droht die Gefahr einer Deflation – also einem Absinken des Preisniveaus. Das kann dazu führen, dass Unternehmen ihre Investitionen aufgrund sinkender Gewinne einstellen und Konsumenten, in der Hoffnung auf immer weiter sinkende Preise, ihre Konsumentscheidungen vertagen. Eine Deflation kann somit einen gesamten Wirtschaftsraum zum Erliegen bringen.

Die Gefahren der Leitzinssenkung

Der Leitzins bestimmt, zu welchem Tarif sich die europäischen Geschäftsbanken bei der EZB verschulden können. Bei einem niedrigen Leitzins können sich die Banken quasi zum Nulltarif mit Geld versorgen. Dies soll wiederum ermöglichen, dass die Unternehmen an billige Kredite gelangen. Dies soll die Investitionen und den Konsum steigern und somit Wachstum generieren. Doch von diesen positiven Effekten ist bislang kaum etwas zu sehen – dafür steigt das Risiko für neue Krisensituationen. Die Flut von billigem Geld verfälscht die Preise auf dem Finanzsektor, kann zu massiven Fehlinvestitionen führen und lädt zu Preisspekulationen ein. Die Gefahr von sich bildenden Preisblasen wächst. Im schlimmsten Falle können die eintretenden Kurskorrekturen zu erheblichen Verlusten und einer neuen Finanzkrise führen.

Aus alten Schulden wird neues Geld

Doch die EZB geht noch weiter: Seit letztem Jahr betreibt sie aktiv Quantitative Easing (QE). Sie kauft die Schuldscheine europäischer Staaten von Investoren und Banken, um die Zinsen für die Staaten künstlich zu senken und weitere Liquidität in die Märkte zu pumpen. Da auf diesem Wege aus alten Schuldverschreibungen kurzerhand neues Geld geschaffen wird, sprechen Ökonomen auch von der Monetarisierung der Staatsschulden.

Wenn frisches Geld nichts mehr kostet, sinkt auch die Rendite auf Geldanlagen. Dies wirkt sich auch auf die Lebensversicherungen und die privaten Altersvorsorgen der Sparer in Europa aus. Deren Rentabilität hängt nämlich ebenfalls vom allgemeinen Zinsniveau und dem damit verbundenen Preis der Verschuldung ab. Deutsche Sparer sind davon im hohen Maße betroffen: Die Geldpolitik der EZB mindert die jährliche Rendite der 90 Millionen Lebensversicherungen und 16 Millionen Riester-Renten und erschwert den Bürgern die Planung ihrer finanziellen Zukunft.

Entlastung der Staaten durch Enteignung der Sparer

Gerade in Deutschland wird diese Geldpolitik scharf kritisiert. Deutsche Ökonomen werfen der EZB vor, dass sie auf diesem Wege verdeckte Staatsfinanzierung betreibt und sich über die festgeschriebenen Regeln des Maastrichtvertrages hinwegsetzt. Es wird befürchtet, dass hier auf Kosten der europäischen Sparer die Misswirtschaft in den europäischen Südstaaten protegiert wird.

Vorerst ist aber keine Abkehr von dieser potenziell gefährlichen Geldpolitik abzusehen. Während die USA mit der Erhöhung des Leitzinses ihre wirtschaftliche Gesundung demonstrieren, ist Europa nach wie vor auf der Suche nach Stabilität und Prosperität. Auch wenn die EZB bisher ihr Versprechen zur Eurorettung eingehalten hat, so ist es eine Rettung für die Opfer gebracht werden müssen. Es bleibt zu hoffen, dass Europa die potenziell verheerenden Konsequenzen ihrer Rettungspolitik erspart bleiben.

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