„Europäische Universitäten“ könnten Europas nächste Erfolgsgeschichte sein – mit richtiger Unterstützung

, von  Guillermo Íñiguez, übersetzt von Anna Lena Bals

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„Europäische Universitäten“ könnten Europas nächste Erfolgsgeschichte sein – mit richtiger Unterstützung
Universität Ljubljana in Slowenien Bildquelle: Flickr / Med Cruise Guide / CC BY 2.0

Auf dem Gipfeltreffen in Göteborg 2017, das mit dem 30. Jahrestag des Erasmus-Programms (jetzt Erasmus+) zusammenfiel, legten die Staats- und Regierungschefs der EU eine Vision für einen europäischen Bildungsraum fest. Durch Maßnahmen wie die finanzielle Unterstützung der Reformen der Mitgliedstaaten, den Europäischen Studierendenausweis oder die Ausweitung und Stärkung von Erasmus + wird die EU eine gemeinsame Bildungspolitik entwickeln, die das „volle Potenzial von Bildung und Kultur“ ausschöpfen wird.

Die Ziele dieses Projekts sind zweifach. Einerseits soll die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Hochschulbildung gesteigert, die Beschäftigungsmöglichkeiten erhöht und die Wirtschaft angekurbelt werden. Andererseits soll durch die Förderung des sozialen Zusammenhalts die europäische Integration und Identität vertieft werden.

Innerhalb des europäischen Bildungsraums ist das Kronjuwel zweifellos das neu gegründete Projekt der „Europäischen Universitäten“. Bis 2025 werden zwanzig „Bottom-up-Netzwerke“ von Universitäten aus der ganzen Union geschaffen, die es den Studierenden ermöglichen, ihre eigenen Lehrpläne zu entwerfen und ihre Abschlüsse zu erhalten, indem sie ihre Studien in mehreren EU-Ländern kombinieren.

Zum Beispiel kann jemand, der an der European Civic University (CIVIS) studiert, sein Studium in Madrid beginnen und Zeit in Stockholm, Bukarest, Brüssel oder Athen verbringen. Einige dieser Allianzen werden sich auf bestimmte Bereiche und Herausforderungen (wie den Klimawandel) konzentrieren, während andere themenspezifisch sein werden.

Studierende, die sich auf Letzteres spezialisieren möchten, haben beispielsweise die Möglichkeit, an der Kunstschule EU4ART in Riga, Rom oder Dresden zu studieren. Die gleichen Mobilitätsmöglichkeiten werden Forschern, Wissenschaftlern und Verwaltungsmitarbeitern zur Verfügung stehen, um die Wirksamkeit der Allianzen zu verbessern.

Lenker europäischer Werte

Die europäischen Universitäten können eine Schlüsselrolle bei der Annäherung an die Union spielen und müssen daher begrüßt und bestärkt werden. In Zeiten der Euroskepsis gibt es keinen besseren Weg, das europäische Projekt zu fördern, als jungen Menschen zu ermöglichen, im Ausland zu studieren, neue Sprachen zu lernen und Zugang zu neuen Kulturen zu erhalten.

Dieses Projekt ist eine einmalige Gelegenheit, den Binnenmarkt und die berüchtigte Brüsseler Elite hinter sich zu lassen und ein positives Argument für die EU vorzubringen: eines, dass sie als eine soziale und kulturelle Union betrachtet. Es war Marcel Decombis, der Stabschef von Jean Monnet, der einmal wie folgt über das europäische Projekt sprach: „Ohne aufhören zu wollen, mit Liebe und Stolz auf ihr eigenes Land zu schauen, werden [Bürger] in ihrem Geist Europäer werden, geschult und bereit sein, die Arbeit ihrer Väter zu festigen, um ein geeintes und gedeihendes Europa zu schaffen.“

Aus einer Idee eine Erfolgsgeschichte machen

Es ist jedoch von entscheidender Bedeutung, dass den europäischen Universitäten angemessene Mittel zur Verfügung stehen, um diese Rolle zu spielen. Einerseits benötigen die Institutionen eine angemessene Finanzierung. Zu diesem Zeitpunkt, in dem das Programm in die Pilotphase eintritt, werden jedem Bündnis 5 Mio. EUR zugewiesen - eine Zahl, die zweifellos niedrig ist, die die Kommission jedoch versprochen hat, in dem EU-Haushalt 2021–2027 aufzustocken.

Diese Mittel müssen auch Studierenden zur Verfügung stehen. Erasmus-Stipendien, die zwischen 200 und 300 EUR pro Monat betragen können, sind oft nicht annähernd an den tatsächlichen Lebens- und Studienkosten im Ausland. Dies hält die wirtschaftlichen Ungleichheiten aufrecht, da der Nutzen solcher Programme vom Haushaltseinkommen abhängig gemacht wird.

Noch wichtiger ist jedoch, dass wenn europäische Universitäten eine näherstehende Einheit werden, gesichert wird, dass sie sich an einen sozialen Zusammenhalt durch die gesamte Union adressieren.

Es besteht das unvermeidliche Risiko, dass ein solches Projekt ein Zwei-Geschwindigkeiten-Modell aufrechterhält: Ein Projekt, das aus Ländern besteht, die es aktiv befürworten und unterstützen, während andere, die es als Bedrohung für ihre nationale Souveränität ansehen, eine Speiche in ihr eigenes Rad setzen, um die Umsetzung zu erschweren. Ein solches Szenario würde nicht nur die geografische und wirtschaftliche Ungleichheit festigen: Durch die Nutzung eines engeren Pools würden der europäischen Hochschulbildung Hunderttausende talentierter Studierenden entgehen.

Wenn der europäische Bildungsraum über das bloße Wohlwollen hinausgehen soll, muss die Kommission daher eine entscheidende Überwachungsrolle übernehmen und sicherstellen, dass das Projekt angemessen finanziert wird und die Möglichkeiten zur Teilnahme in der gesamten Union gleich sind.

Wenn dies ordnungsgemäß durchgeführt wird und die Universitäten ermutigt werden, dieses Programm angemessen zu entwickeln, können die europäischen Universitäten ebenso wegweisend sein wie Erasmus, zweifellos eine der größten Erfolgsgeschichten der EU. Wenn die Investition, sowohl wirtschaftlich als auch in Bezug auf die Ressourcen, nur halbherzig ist, wird der europäische Bildungsraum als Ganzes, um es mit den Worten John Keats zu sagen, nur ein weiteres Projekt sein, das in Wasser geschrieben ist.

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