Geplante Obsoleszenz – wo bleibt Europa?

, von  Rémi Laurent, übersetzt von Marie Jantsch

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Geplante Obsoleszenz – wo bleibt Europa?
Eine E-Waste Recyclinganlage © Judit Klein / Flickr / CC BY-SA 2.0-Lizenz

Viele Elektronikhersteller verkürzen absichtlich die Lebenszeit ihrer Produkte oder machen eine Reparatur unmöglich, um die Kunden dazu zu bringen, neue Produkte zu kaufen. Diese Strategie nennt man „geplante Obsoleszenz“. Über den Schaden am Kunden hinaus birgt diese große ökologische Probleme. Trotz der Mahnungen von Umweltschutzparteien lässt eine Reaktion der Europäischen Union auf sich warten. Bisher sind es häufig allein Verbraucherschutzorganisationen und NGOs, die sich mit der geplanten Obsoleszenz auseinandersetzen.

Der „Black Friday“ im November ist in den USA im Wesentlichen ein Tag, an dem vor allem elektronische Produkte reduziert angeboten werden. Eine Produktgruppe, die im Zentrum der umstrittenen Strategie der geplanten Obsoleszenz steht. Denn viele Elektronikhersteller verkürzen bewusst die Lebensdauer der von ihnen produzierten Produkte und/oder machen eine Reparatur unerschwinglich bis unmöglich, damit die Kunden angeregt werden, neue Produkte zu kaufen.

Dieses Phänomen, auch „geplante Obsoleszenz“ genannt, war das Thema einer Tagung im September 2017. Die Tagung wurde vom Verein Hop ! (Halte à l’obsolescence programmé – Stop der geplanten Obsoleszenz) organisiert und ist Ausdruck der immer wichtiger werdenden Bedeutung dieses Themas für Konsumentinnen und Konsumenten.

Zugleich bot die Veranstaltung Gelegenheit, die ersten juristischen Schritte des Vereins einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. Die Anzeige stützt sich auf einen Bericht [1] über geplante Obsoleszenz bei Druckern. Der Verein Hop ! konzentriert seine Beschwerden auf die Firma Epson, Hersteller von Druckern, laut Hop ! der offensichtlichste Fall von geplanter Obsoleszenz.

Das Modell neu denken

Der Fall der Drucker zog sich wie ein roter Faden durch die Tagung. Es wurden verschiedenste Techniken erörtert, die im Bereich von Software und Hardware genutzt werden, um eine Reparatur der Drucker unmöglich zu machen. Darüber hinaus sollen sie die Kunden vom Kauf eines leistungsstärkeren Geräts überzeugen. Außerdem öffnete die Tagung eine breite Debatte über das derzeitige Wirtschaftsmodell und seine Probleme.

Ein Thema der Tagung waren außerdem staatliche Maßnahmen gegen geplante Obsoleszenz, zu dem Fachleute wie Pascal Durand, Europaabgeordneter der ökologischen Partei Europe Écologie-Les Verts (EELV) eingeladen waren. Dieser hatte einen parlamentarischen Bericht [2] im Europaparlament zur längeren Lebensdauer von Produkten verfasst. Außerdem wurden von Firmen entwickelte Methoden für einen nachhaltigeren Herstellungsprozess diskutiert.

Ziel ist es, im Dialog mit allen Beteiligten, die Begrenztheit von Ressourcen, den Gedanken der Kreislaufwirtschaft, und in größerem Maße die unternehmerische Sozialverantwortung in die Diskussion um geplante Obsoleszenz zu integrieren. Die historische Bedeutung der absichtlichen Verkürzung der Lebensdauer von Produkten war zunächst nur ein Mittel der Massenindustrie, um Absatzmärkte zu sichern. Anhand eines rechtlichen Rahmens, der die Logik der Hersteller mit berücksichtigt, soll nun eine Erweiterung des Begriffs der geplanten Obsoleszenz möglich werden. Das schließt eine Veränderung des Modells ein, die weder einfach noch kurzfristig ökonomisch erfolgreich ist. Denn es muss eine größere Zahl an Ersatzteilen gelagert werden, die Kapital bindet.

Daher reicht es nicht aus, Garantiefristen zu verlängern oder geplante Obsoleszenz zu verbieten, um eine Veränderung herbeizuführen.

Schaffung eines europäischen Rahmens?

Frankreich, das besonders zurückhaltend in der europäischen Diskussion der letzten Jahre war, würde sein Engagement hinsichtlich der geplanten Obsoleszenz sichtbarer machen, brächte es das Thema im europäischen Rahmen zur Sprache.

Die geplante Obsoleszenz ist nämlich eines der wenigen Themen, in denen Frankreich Vorreiter ist. Denn in Frankreich wurde bereits ein rechtlicher Rahmen und eine Definition erarbeitet, die geplante Obsoleszenz als Straftat qualifiziert. Die Klage des Vereins Hop ! folgt diesem rechtlichen Rahmen. In anderen Ländern hingegen wird das Thema zwar nicht ignoriert, aber zumindest als zweitrangig behandelt.

Es scheint, als seien es allein die Umweltparteien im Europaparlament, die sich für das Thema interessieren. Sie tun dies im Rahmen ihres Verständnisses einer globalen Bewegung gegen die Verschwendung von Rohstoffen und den damit verbundenen Fragen (Arbeitsbedingungen in Entwicklungsländern und Einfluss auf Gesundheit und Umwelt). Dennoch ist geplante Obsoleszenz ein Thema, das der Europäischen Union Anlass geben sollte zu handeln, denn es betrifft direkt den europäischen Binnenmarkt. Durch die Entwicklungen von strengeren Normen bezüglich der Qualität und der Nachhaltigkeit von Produkten würde sich die Europäische Union im Kampf gegen die Deindustrialisierung wirksam positionieren.

Denn um Produkte nachhaltiger oder sie zumindest einfach und schnell wieder funktionstüchtig zu machen, braucht man kurze Wertstoffketten, um kurzfristig auf Nachfragen nach Einzelteilen reagieren zu können.

Die Herausforderung ist groß, aber sie betrifft direkt die Zuständigkeiten der Europäischen Kommission. Von dieser forderte der Präsident der Kommission noch kürzlich, sich mehr um die täglichen Belange der Europäerinnen und Europäer zu kümmern.

Weiterführende Informationen:

Die Podiumsdiskussionen der vom Verein Hop ! organisierten Tagung können hier angesehen werden: https://www.youtube.com/channel/UCu0Ior2_K4wjuK-M8h7lUGQ

Unterstützt Hop ! unter: http://www.halteobsolescence.org/appel-a-dons-stop-aux-imprimantes-irreparables/

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