WMO Bericht

Hot but not sexy

, von  Helen Geyer

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Laut einer neuen Prognose der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) könnte die 1,5-Grad-Grenze überstiegen werden – früher als bisher gedacht. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Prognose wirklich eintritt, liegt bei fünfzig Prozent. Was das für uns bedeutet.

Die WMO ist die Weltorganisation für Meteorologie. Sie ist eine “zwischenstaatliche Organisation” und zählt 193 Staaten der Erde als ihre Mitglieder. Die WMO ist eine spezialisierte Organisation der Vereinten Nationen (VN), die sich insbesondere auf Meteorologie, also Wetter und Klima sowie verwandte geophysikalische Wissenschaften spezialisiert hat. Als eine unabhängige, internationale Organisation werden die Erkenntnisse der WMO als sehr wichtig betrachtet, da sie keine nationale Agenda verfolgt und unabhängig arbeitet.

Das “Global annual to decadal Climate Update”

Die WMO veröffentlicht jährlich das “Global annual to decadal Climate Update”, das “globale jährliche und dekadische Klima-Update”. So auch wieder Mitte Mai. Die diesjährigen Vorhersagen sehen allerdings nicht besonders rosig aus. Laut der Prognose der WMO wird in den kommenden fünf Jahren, zwischen 2022 und 2026, die globale Jahresmitteltemperatur zwischen 1,1° C und 1,7° C über dem vorindustriellen Niveau liegen. Dass diese Temperatur in einem dieser Jahre den Wert von 1,5° C übersteigt, kann mit einer 50%igen Wahrscheinlichkeit eintreten. Allerdings besteht nur eine geringe Chance, dass der Mittelwert der fünf Jahre diese Schwelle überschreitet.


Explainer: 1,5 Grad Ziel Das 1,5-Grad-Ziel meint, dass sich die globale Erderwärmung bis zum Jahr 2100 im Durchschnitt auf maximal 1,5 Grad beschränken soll im Vergleich zum Jahr 1850, also zum vorindustriellen Niveau. Falls diese Schwelle überschritten wird, werden Kippelemente aktiviert, welche irreversible Folgen haben können. Dazu gehören unter anderem extreme Hitzewellen und Dürren, stärkere Regenfälle und Überflutungen, ein steigender Meeresspiegel und der Verlust von diverser Flora und Fauna. All diese Vorhersagen basieren auf Berechnungen von Wissenschaftler*innen, in welchem Ausmaß diese Ereignisse schlussendlich eintreten, kann niemand vorhersehen.


Heißer, Nasser, Krasser

Darüber hinaus besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass wir in den nächsten fünf Jahren eines der wärmsten Jahre seit der Aufzeichnungen erleben - das wärmste Jahr war bisher 2016. Auch die vorhergesagten Niederschlagsmuster werden extremer: allein für 2022 besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass auf der einen Seite Regionen wie Südwesteuropa sowie der Südwesten Nordamerikas trockener, auf der anderen Seite Nordeuropa, die Sahelzone in Afrika, Nordost-Brasilien sowie Australien feuchter werden.

Der Bericht geht zudem auf aktuelle und vergangene Beobachtungen ein, um die Zuverlässigkeit der Prognosen zu prüfen. Vor allem die steigenden Temperaturen sowie die veränderten Niederschlagsmuster stimmten mit der letzten Vorhersage aus dem Jahr 2016 überwiegend überein. Generell zeigten die vergangenen Schätzungen eine gute Übereinstimmung mit den eingetretenen Ereignissen und veränderungen auf. Trotzdem wurden bei einigen Regionen die Auswirkungen unter- oder überschätzt. Dies lässt sich darauf zurückführen, dass die Modelle auf Berechnungen und vorhergehenden Beobachtungen basieren und nur die wahrscheinlichsten Ergebnisse abbilden. Darauf wird in dem Bericht auch erneut hingewiesen: “Wo der Ensemble-Mittelwert angegeben ist, zeigt dieser nur das wahrscheinlichste Ergebnis. Andere Ergebnisse sind möglich und können fast ebenso wahrscheinlich sein.”


Explainer: Pariser Klimaabkommen2015 einigten sich die anwesenden Parteien bei der “COP21” auf ein internationales Abkommen. In diesem Abkommen stimmen alle unterzeichnenden Staaten zu, die Weltwirtschaft auf eine klimafreundliche Art und Weise umzustellen. Damit ist es das erste rechtlich verbindliches Abkommen zum Klimaschutz. Außerdem verpflichten sie sich dazu, Emissionen zu reduzieren, um die Erderwärmung auf unter 2° C, im Bestfall unter 1,5° C zu halten.


Die WMO weist jedoch darauf hin, dass die Ergebnisse des Berichts nicht als konkrete Vorhersagen für eine Region oder Land interpretiert werden können und sollen. Vielmehr sollen regionale Klimazentren und ähnliche Institutionen die für sie relevanten Informationen aufbereiten und daraus belastbare Prognosen entwickeln.

Wissenschaftliche Einigkeit

Die Vorhersagen der WMO decken sich trotz alledem mit anderen Berichten zu Erderwärmung und Klimawandel. So hat die WMO selbst Mitte Mai den Bericht “State of the Global Climate 2021” veröffentlicht, welcher sich mit dem aktuellen Klima sowie dessen Veränderungen durch den Ausstoß von Treibhausgasen wie Kohlenstoffdioxid (CO2), Methan (CH4) und Stickstoff (N2O) auseinandersetzt. Der “State of the Global Climate” berichtet von Temperaturanstiegen auf dem Land und im Wasser, steigenden Meeresspiegeln und schmelzenden Gletschern.

Im vergangenen April veröffentlichte das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) veröffentlichte die neueste Version des Assessment Reports zu Klimawandel. Die beteiligten Expertinnen und Experten unterstreichen mit diesem Bericht erneut, in welcher dringlichen Lage sich die Weltbevölkerung befindet. Wenn die Treibhausgasemissionen jetzt nicht reduziert werden, ist das 1,5-Grad-Ziel bald außer Reichweite. Nichtsdestotrotz werden in dem Bericht auch mögliche Schritte aufgezeigt, die zu einer Abschwächung des Klimawandels führen können.

Klimamaßnahmen für den europäischen Kontinent

Der IPCC bezieht sich nur auf die geographischen Unterschiede, weshalb die Verfasser*innen des Berichts auf den gesamten Europäischen Kontinent eingehen. Um beispielsweise gegen Wasserknappheit in Europa anzukämpfen, werden neue Wasserreservoirs sowie technische Lösungen zur Wiederaufbereitung von Abwässern empfohlen. Je höher die globale Temperatur allerdings steigt, desto abhängiger wird der europäische Kontinent von Regenfällen werden. Aus diesem Grund werden innovative technische Lösungen besonders betont.

Störungen in Ökosystem sind beispielsweise veränderte Fortpflanzungs- und Entwicklungszeiten sowie die Abwanderung von Tieren in höher liegende oder andere Regionen. Hierfür werden generelle geschützte Gebiete und langfristige Aufforstungs- und Auswilderungsprojekte vorgeschlagen, um dem Verlust von Biodiversität entgegenzusteuern. Nichtsdestotrotz werden sich die Tiere auch ohne menschliche Hilfe an die neuen Umstände gewöhnen und anpassen müssen. Insgesamt wird wieder deutlich: die Expert*innen sind sich einig. Die Klimakrise ist ein akutes Problem, welches schnelles Handel und ambitionierte Ziele erfordert.

Die Reaktionen auf die Veröffentlichung der WMO zu einer möglichen Überschreitung der 1,5° C-Erwärmung in den nächsten 5 Jahren sorgte international für große Aufmerksamkeit. Inwiefern dieser Bericht nun die politischen Entscheidungen sowie persönliches Verhalten beeinflusst, wird sich allerdings erst noch zeigen müssen.

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