Die Auswirkungen der aktuellen Entwicklungen in der Türkei seien “völlig unklar”, zitierte das Nachrichtenmagazin am Freitag aus einem internen Papier des Bundesfinanzministeriums. “Erneuter Handlungsbedarf auf europäischer Ebene ist nicht ausgeschlossen.” Die Finanzfachleute fühlen sich demnach zuständig, weil mit der Flüchtlingskrise auch Kosten für den Bundeshaushalt verbunden sind.
Bereits jetzt bestünden Probleme bei der Rückführung von Flüchtlingen aus Griechenland in die Türkei. Sollte das Abkommen mit Ankara scheitern, müssten die EU-Außengrenzen zwischen der Türkei und Griechenland durch die EU-Grenzschutzagentur Frontex “verlässlich geschützt” werden. Flüchtlinge, die in Europa ankämen oder aus humanitären Gründen nicht abgewiesen werden könnten, “müssten in grenznahen Auffanglagern gesammelt, registriert und nach Quoten” auf die Mitgliedstaaten verteilt werden.
“Vollumfängliche Kooperation Griechenlands ist sicherzustellen, auch unter Anwendung finanziellen Drucks”, heißt es laut “Spiegel” in dem Papier. Ansonsten drohe der Rückzug auf eine erst im Westbalkan haltbare Grenzlinie. Eine Ausweitung der Kontrollen an den deutschen Grenzen zur Schweiz und zu Frankreich sei “bei einer Verlagerung der Migrationsrouten denkbar”. Für den “Außengrenzschutz einschließlich Rückführung” hätten Drittstaaten “eine gesteigerte Bedeutung”: Deren “Kooperationswilligkeit und -fähigkeit kann finanziell befleißigt werden”.
Das im März zwischen der EU und Ankara geschlossene Abkommen sieht vor, dass die Türkei auf den griechischen Ägäis-Inseln ankommende Flüchtlinge zurücknimmt. Im Gegenzug stellte die Europäische Union Visafreiheit für türkische Bürger in Aussicht, die Voraussetzungen dafür sehen viele EU-Politiker wegen der repressiven Reaktion des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan auf den Putschversuch aber nicht als gegeben. Ankara droht, das Abkommen platzen zu lassen, wenn der Visazwang nicht bis Oktober fällt.
Dieser Artikel erschien zuerst bei unserem Medienpartner EurActiv.de.
1. Am 20. August 2016 um 17:54, von mister-ede Als Antwort Internes Papier: Deutschland plant für mögliches Scheitern des Türkei-Flüchtlingsdeals
Also der letzte Absatz ist inhaltlich falsch. Tatsächlich hat die EU im EU-Türkei-Abkommen die freiwillige Aufnahme syrischer Flüchtlingen aus der Türkei zugesagt. Bislang hat sie aber keinen einzigen auf diese Weise übernommen. Lediglich über den 1:1-Mechanismus wurde im letzten Vierteljahr in der gesamten EU rund 500 Schutzsuchenden Asyl gewährt.
Das ist traurig, aber leider die bittere Wahrheit über die EU. Ich verstehe deshalb nicht, wieso das immer wieder verschwiegen wird. Wie soll sich so denn was zum besseren verändern?
2. Am 22. August 2016 um 13:02, von Marcel Wollscheid Als Antwort Internes Papier: Deutschland plant für mögliches Scheitern des Türkei-Flüchtlingsdeals
Lieber Mister-Ede,
inhaltlich falsch ist die Schilderung nicht, da die Visafreiheit tatsächlich im Gegenzug zur Rücknahme von Flüchtlingen durch die Türkei in Aussicht gestellt wurde. Ihr Zusatz der freiwilligen Aufnahme von Flüchtlingen durch die EU (in Höhe von 72.000) ist jedoch absolut korrekt.
Beste Grüße, Marcel Wollscheid
3. Am 22. August 2016 um 20:48, von mister-ede Als Antwort Internes Papier: Deutschland plant für mögliches Scheitern des Türkei-Flüchtlingsdeals
Lieber Marcel Wollscheid,
um auszudrücken, dass nur einer der etwa zehn Unterpunkte des Abkommens herausgegriffen wird, gibt es im Deutschen die Wortkombination „unter anderem“. Dann entsteht zwar immer noch der falsche Eindruck, die Visafreiheit wäre der wesentliche Teil des EU-Türkei-Abkommens, aber zumindest formal ist das dann korrekt. Die Visaverhandlungen sind tatsächlich aber deutlich älter als das EU-Türkei-Abkommen. Es wurde daher lediglich bekräftigt, an den Verhandlungen festzuhalten und sie nach Möglichkeit zügig zum Abschluss zu bringen.
Übrigens, die 72.000 beziehen sich auf den sogenannten 1:1-Mechanismus und nicht auf die freiwilligen Kontingente. Beides wurde im EU-Türkei-Abkommen vereinbart.
Mein Wunsch wäre, verkürzt, die direkte Aufnahme von Schutzberechtigten z.B. aus der Türkei und dafür die Rückführung nicht schutzberechtigter und irregulär eingereister Personen. Deshalb frage ich im Online-Forum zum Bürgerdialog der Europa-Union, „Wo sind diese [freiwilligen] Kontingente?“, weil es ohne sie eben auch keine regulären Wege gibt.
https://publixphere.net/i/publixphere-de/proposal/2458-Europas_Grenzen_Wir_müssen_reden_Bürgerd#c4288
Beantwortet mir doch einfach dort oder in Wuppertal diese Frage bzw. wie die JEF oder die Europa-Union dazu stehen, dass es bis auf wenige Ausnahmen keine regulären Wege für Schutzsuchende in die EU gibt und was wir gegebenenfalls gemeinsam für die Einrichtung dieser freiwilligen Kontingente unternehmen können.
Beste Grüße, Mister Ede
P.S. In dem internen Papier geht es ja, so wie es hier beschrieben wird, auch wieder nur um die Verteilung derer, die schon in der EU sind, und nicht um reguläre Wege in die EU.
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