Was uns im Jahr 2019 mit Präsident Trump erwartet.

Land of Confusion - Teil 1: Der Shutdown

, von  Grischa Alexander Beißner

Land of Confusion - Teil 1: Der Shutdown
. In den USA steht die Regierung still. Ohne Buget geht den Behörden zunehmend das Geld aus. Foto: Lorie Shaull | Flickr | CC-BY-SA-2.0

Die USA stehen still. Die einstige Weltmacht ist gefangen, Spielball der politischen Kräfte und in Geiselhaft ihres Präsidenten, der um jeden Preis seinen Grenzwall durchsetzen will. Unterdessen schreitet die FBI-Untersuchung gegen Donald Trump und seine Getreuen unter dem Sonderermittler Robert Mueller weiter voran. Aber auch bei den Republikanern rumort es. Parteiinterne Gegner Trumps, allen voran Rivale Mitt Romney, bringen sich in Stellung. Was Europa und uns alle 2019 mit den USA und der Trump-Adminstration erwartet, das soll hier in drei Teilen beleuchtet werden.

Das Jahr 2019 ist kaum ein paar Tage alt, doch die USA stecken bereits in einer Krise, deren Ende nicht abzusehen ist. Binnen zwei Jahren sind die USA vom verlässlichen Partner und Garanten für Stabilität in der Welt zu einem innerlich gespaltenen, nun gelähmten Unsicherheitsfaktor geworden. Allen voran für seine bisher engsten Verbündeten. Ob das neue Jahr wirklich zum Jahr der Entscheidung für die Nation und ihren eigensinnigen Präsidenten werden wird, wie es einige amerikanische Abgeordnete oder Medien behaupten, bleibt abzuwarten. Mit nicht weniger als drei Themenkomplexen starten die USA in das neue Jahr und sie drohen, das Land und auch die internationale Rolle der USA nachhaltig zu beschädigen, zumindest aber zu verändern.

Das Erste davon ist definitiv der „Shutdown“, der von Trump erzwungene Stillstand der Regierung, solange kein Haushalt für das Jahr vorliegt. Der Präsident will – gegen den Willen des Kongress – einen Etat für den Bau seines Grenzwalls gegen Mexiko und hat bereits gedroht, den Shutdown auf Monate oder gar Jahre auszuweiten.

Das zweite Thema sind die Mueller-Ermittlungen gegen die Getreuen Trumps und auch ihn selbst. Es soll geklärt werden, in wie weit das Wahlkampfteam des Präsidenten sich mit russischen Agenten und der russischen Regierung verschworen oder dieser bedient hat, um an die Macht zu kommen. Wie ein Damoklesschwert schwebt die Untersuchung über dem überkämmten Haupt des Präsidenten, der Mueller und seine Recherchen bei jeder Gelegenheit attackiert.

Die dritte und letzte Frage ist, wie sehr die Demokratie und die demokratische Kultur der USA inzwischen selbst unter Beschuss geraten ist. Nicht nur der Präsident driftet in autokratisches Denken ab, auch auf Bundesstaatsebene und beim Supreme Court schwinden die Neutralität und die Balance der Macht. Die Kontrollinstanz der Medien wird vom Präsidenten selbst systematisch demontiert, während scheidende Gouverneur*innen versuchen, die Macht ihrer Nachfolger*innen zu beschneiden.

Teil 1: Der Shutdown und Trumps Mauerbau

Präsident Donald Trump hat sich in eine gefährliche Lage manövriert. Für seine Grenzmauer zu Mexiko will er 5,7 Milliarden Dollar, doch der Kongress will das Geld nicht bereitstellen. Die Demokraten sind bei den Midterm-Wahlen mit dem Versprechen angetreten, dass Trumps Mauer nicht gebaut werden wird. Sie könnten hier nicht nachgeben, ohne sämtliches erstrittene Vertrauen direkt wieder zu verspielen. Der tatsächliche Sinn und Nutzen der Mauer selbst ist ohnehin umstritten. Trump und die Republikaner kontrollierten zwei Jahre lang den Kongress. Sie hätten mit Leichtigkeit Geld für den Mauerbau in den Haushalt integrieren können.

Selbst in der eigenen Partei fehlt dem Präsidenten der Rückhalt. Viele in den Reihen der großen alten Partei wollen die amerikanischen Steuerzahler*innen nicht für Trumps Mauer zur Kasse bitten. Bereits vor der Übernahme des Repräsentantenhauses durch die Demokraten hat der von den Republikanern dominierte Senat einen Haushalt ohne die Milliarden für die Mauer beschlossen. Doch Trump verweigerte seine Unterschrift. Je länger sich der Shutdown zieht, desto stärker dürfte sich auch in seiner eigenen Partei der Wind gegen ihn drehen. An der Basis hat Trump derzeit noch eine große Unterstützung, doch in den höheren Ebenen wollen viele Senator*innen und Abgeordnete Trump nicht mehr folgen. Bereits jetzt ist es der längste Shutdown in der amerikanischen Geschichte.

Trump gefährlicher Flirt mit dem Ausnahmezustand

Seine Hardcore-Fans, die er auf immer neuen Wahlkundgebungen munter weiter aufpeitscht, würden es ihm nie verzeihen, wenn er hier nachgibt. Seine Mauer gegen Einwanderer*innen ist eines seiner zentralen Wahlversprechen. Der rechtskonservative Sender Fox News, den Trump ständig konsumiert und mit dessen Talkshow-Moderator*innen er teilweise täglich telefoniert, warf ihm vor, beim Thema Mauer „einzuknicken“.

Trumps gesamte Strategie, mit der er sich bereits die Wiederwahl 2020 ausmalt, zielt darauf ab, sich als Macher, als hartnäckiger Geschäftsmann zu verkaufen, der seinen Willen gegen jede Kritik oder gar Vernunft mit allen Mitteln durchsetzt. Je mehr Niederlagen er einfährt, desto mehr bröckelt dieses Image – und selbst darüber, ob die Republikaner ihn überhaupt für die Wahl 2020 nominieren werden, ist das letzte Wort laut seines Rivalen Mitt Romney noch nicht gesprochen. Nach einem Jahr, in dem ihm die fähigen Mitarbeiter*innen und Minister*innen wegliefen, in dem seine Wahlkämpfer*innen angeklagt wurden, braucht Donald Trump dringend einen Sieg, egal wen er dafür opfert. Er drohte bereits, den Regierungsstillstand auf Monate oder gar Jahre auszuweiten, nun geht er sogar so weit, den Notstand auszurufen und das Militär zu mobilisieren, um seine Mauer zu bauen. Eine Maßnahme, die ihm als Präsidenten zwar möglich ist, aber als Machtmissbrauch interpretiert werden könnte und rechtlich stark umstritten ist.

Doch je länger sich der Shutdown hinzieht, desto mehr bekräftigt er, diese Option nutzen zu wollen. Bei einem Besuch an der mexikanischen Grenze am Donnerstag stellte Trump abermals die dortige Situation als große Krise dar, obwohl seine Behauptungen, wie so oft, nicht den Fakten entsprechen und als widerlegt gelten. Die Demokraten würden dann sofort gegen Trumps Maßnahme klagen - und wahrscheinlich vor Gericht recht bekommen. Danach könnte Trump maximal noch darauf hoffen, dass seine Besetzung des Supreme Court mit ihm loyalen Richter*innen wie Brett Kavanaugh seine Politik rettet.

Was der Shutdown bedeutet

Während sich Regierung und Opposition unversöhnlich gegenüber stehen, türmt sich in den USA der Müll auf den Straßen. Die Opfer dieses Machtkampfes sind die rund 800.000 US-Regierungsangestellten, von Gefängniswärter*innen, über einfache Finanzbeamt*innen, bis hin zu den Administrationen der Reservate für die amerikanischen Ureinwohner. Sie alle sind entweder Zwangsbeurlaubt oder müssen ohne Lohn trotzdem arbeiten, wenn sie in einer sicherheitsrelevanten Position beschäftigt sind. Letztere, allen voran die Flughafensicherheitsbeamt*innen, beginnen nun, sich vermehrt krank zu melden, um dem Zwangsdienst zu entkommen. Aber während der Alltag der meisten Amerikaner*innen vom Shutdown noch nicht viel merkt, könnte sich das schnell ändern – vor allem, wenn Trump seine Drohung wahr macht und Amerika Monate oder gar Jahre in diesem Zustand verharren muss.

Zuerst würde es hier die schwächsten Bürger*innen treffen. Spätestens Ende Februar wäre der Etat für Essensmarken und Mietbeihilfen ausgeschöpft. Die Menschen könnten ihre Wohnungen verlieren oder müssten gar hungern. Auch die Unterstützung für Frauen, die Opfer häuslicher oder sexueller Gewalt werden, würde zusammenbrechen. Frauenhäuser und Hilfsorganisationen sind ebenfalls von staatlichen Geldern abhängig. Langfristig könnte gar die ohnehin angeschlagene amerikanische Wirtschaft gravierenden Schaden nehmen. Schon jetzt hat der Shutdown die USA mehr gekostet, als die Milliarden, die Trump für seine Mauer fordert. Einer Schätzung zufolge entsteht jeden Tag ein Schaden von einer halben Milliarde Dollar.

Der ehemalige US-Arbeitsminister Robert Reich zeichnet in einer Analyse für den britischen „Guardian“ sogar noch ein weit düstereres - aber leider sehr realistisches - Bild. In vielen Punkten haben die USA sich in eine Lage manövriert, wie sie schon 1929 die Weltwirtschaftskrise auslöste. Der Welthandel schwächelte bereits vor dem Beginn von Trumps Handelskriegen. In 2018 verloren die Weltmärkte sieben Trillionen Dollar – soviel wie seit dem Beginn der Finanzkrise 2008 nicht mehr. Der Börsen-Dezember 2018 war sogar der Schwächste seit der „großen Depression“.

Und gerade die schwächelnden US-Haushalte, deren Situation Trumps Politik kontinuierlich verschlechtert, könnten hier der Auslöser eine fatalen Krise werden. Bereits jetzt lebt der amerikanische Inlandskonsum von einer gefährlichen Schuldenblase. 80% der Haushalte sind ohne Rücklagen und leben von einem Gehaltsscheck zum anderen. Der private Schuldenberg beläuft sich auf 13,5 Trillionen Dollar.

Keine Lösung in Sicht?

Nach einer Lösung für die Situation sieht es derzeit nicht aus. Sämtliche Gespräche scheiterten. Trump will nichts akzeptieren, ohne das Geld für seine Mauer zu bekommen. Der Präsident steigert sich immer wieder in seine üblichen Twitter-Tiraden und brach zuletzt sogar die Gespräche ab, indem er einfach ging. Aktuell sind nicht einmal mehr Gespräche zwischen der Trump-Administration und den Demokraten geplant. Inzwischen will Trump sogar gar nicht mehr gesagt haben, dass Mexiko für die Mauer zahlen würde – eine Lüge, welche die Washington Post mit 212 Gegenbeweisen konterte. Die Präsidentschaft von Donald Trump verkommt immer mehr zu einem Schmierentheater – und doch führt kaum ein Weg an ihm vorbei.

Einer der wenigen verbliebenen Trumpflüsterer, Senator Lindsey Graham aus South Carolina, schlug zuletzt vor, den Shutdown mit einem Zwischenbudget für einen kurzen Zeitraum von ca. drei Wochen auszusetzen. In der Zeit könnte erneut dann verhandelt werden und danach, falls es am Ende dieser Zeit noch immer keine Einigung gibt, könne Trump ja noch immer die Mauer per Notstandsverordnung errichten lassen.

Wenn es eine Lösung geben soll, dann muss diese über die republikanische Partei kommen. Aber dort wird noch gezögert. Trump ist die Verkörperung der „Geister, die man rief“ und nun nicht mehr los wird. Nach Jahren der Polarisierung und Spaltung trauen sich die Republikaner nicht mehr so recht aus dem Schatten. Aber die USA brauchen diejenigen von ihnen, die bereit sind, das Wohl des Landes über das ihres Präsidenten oder der eigenen Partei zu stellen. Und das dringend.

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