Liebesgrüße aus Moskau: Wie Verbindungen der FPÖ zu Russland Europas Sicherheit bedrohen

, von  Annika Fischer

Liebesgrüße aus Moskau: Wie Verbindungen der FPÖ zu Russland Europas Sicherheit bedrohen
FPÖ-Vorsitzender Herbert Kickl Foto: Wikimedia Commons / Michael Lucan Copyright

Nach 5-monatigem Ringen und einem zwischenzeitlichen Abbruch der Gespräche scheint es nun doch, als würden sich in Österreich die demokratischen Parteien der Mitte zu einer Koalition zusammenfinden. Doch die fast schon liebenswert dialektale Selbstbezeichnungen dieses Parteienbündnisses als “Zuckerl-Koalition” sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es vor allem die Sorge vor einer Regierungsbeteiligung der in weiten Teilen rechtsextremen und Moskau treuen Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) ist, welches dieses Bündnis eint.

Nach 5-monatigem Ringen und einem zwischenzeitlichen Abbruch der Gespräche scheint es nun doch, als würden sich in Österreich die demokratischen Parteien der Mitte zu einer Koalition zusammenfinden. Doch die fast schon liebenswert dialektale Selbstbezeichnungen dieses Parteienbündnisses als “Zuckerl-Koalition” sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es vor allem die Sorge vor einer Regierungsbeteiligung der in weiten Teilen rechtsextremen und Moskau treuen Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) ist, welches dieses Bündnis eint.

Bereits im Wahlkampf machte der FPÖ-Vorsitzende Herbert Kickl seine Ambitionen auf das Amt des Regierungschefs mit Hilfe von NS-Rhetorik deutlich, unter anderem in dem er sich immer wieder als "Volkskanzler" bezeichnete. Dass die FPÖ nun zwar als stimmenstärkste Partei aus der Wahl hervorging aber letztendlich keinen Koalitionspartner fand und wohl in der Opposition verharren wird, dürfte maßgeblich an sicherheitspolitischen Bedenken vonseiten der demokratischen Parteien ÖVP, SPÖ und NEOS liegen. Denn selbst im traditionell Russland zugeneigten Österreich überwiegt die Sorge vor einer weiteren Etablierung im Netz des russischen Einflussbereichs.

Russlands langer Arm in Europa

Die Verbindungen der FPÖ zu Russland waren immer wieder von Skandalen umwittert, was auch im Rest Europas Sorge bereitete. So verurteilte das Europäische Parlament im April 2024 in einer Resolution, die russische Einflussnahme innerhalb des EU-Parlaments mit deutlicher Mehrheit, und erwähnte hier insbesondere die dezidierte russlandfreundliche FPÖ. Anlass dieser Resolution waren unter anderem ein Freundschaftsvertrag, welchen die FPÖ 2016, also zwei Jahre nach der russischen Invasion der Ostukraine, mit Putins Partei “Einiges Russland” unterzeichnete, sowie Verbindungen einiger FPÖ-Politiker zum russischen Geheimdienst.

Wie aus einem Agententhriller: Verbindungen zu russischem Geheimdienst

Eben jene mutmaßlichen Verbindungen zum russischen Geheimdienst reichen bis in die Zeit zurück, als der österreichische Inlandsgeheimdienst dem von Kickl geführten Innenministerium unterstand. 2018 kam es hier unter Führung eines FPÖ-Lokalpolitikers zu einer illegalen Razzia im Verfassungsschutz, wodurch auch sensible Geheimdienstinformationen anderer westlicher Dienste in die Hände Unbefugter gelangten. Infolgedessen wurden die österreichischen Nachrichtendienste aus dem Berner Club, einem informellen Zusammenschluss westlicher Geheimdienste) ausgeschlossen.

Weitere Brisanz erreichte ein Spionagefall, bei welchem ein Österreichischer Mitarbeiter des Verfassungsschutzes dem ehemaligen Wirecard Vorstand und mutmaßlichen russischen Spion Jan Marsalek jahrelang Staatsgeheimnisse verraten haben soll, und Diensthandys dreier österreichischer Minister und Beamter direkt an den russischen Geheimdienst weitergegeben haben soll. Eben jener Mitarbeiter soll außerdem im engen Kontakt zu einem langjährigen Kickl-Vertrauten und ehemaligen FPÖ-Politiker gestanden haben.

Konsequenzen für Europas Sicherheit

Das diese Skandale nicht als Einzelfälle betrachtet werden dürfen, sondern vielmehr das Potenzial haben, die Geheimdienstliche Zusammenarbeit westlicher Staaten nachhaltig zu unterlaufen, betonen auch deutsche Sicherheitspolitiker, wie der Vorsitzende des Geheimdienste-Kontrollgremiums des Bundestags Konstantin von Notz in einem Interview mit dem Handelsblatt, und fordern daher, “Die Zusammenarbeit mit Rechtsaußen-Regierungen und Putin-Freunden [...] nahezu auf null” zurückzufahren, um gravierende Sicherheitsrisiken zu vermeiden. Unter anderem sind hier die Gefahr des Abfließens von Informationen, welche unmittelbaren Einfluss auf die Sicherheit europäischer Staaten haben könnten, sowie eine direkte Beteiligung an russischen Sabotageakten innerhalb der EU, zu nennen. Doch selbst wenn österreichische Nachrichtendienste innerhalb westlicher Dienste weiter isoliert blieben, wäre aufgrund der weitreichenden Verstrickungen mit dem russischen Regime davon auszugehen, dass sich Österreich unter einer FPÖ-Regierung zukünftig noch weiter als Dreh- und Angelpunkt für die hybride Kriegsführung Russlands innerhalb der EU etablieren dürfte.

Angriff auf gemeinsame Verteidigungspolitik

Auch die offizielle Programmatik der FPÖ verrät, das eine FPÖ geführte Regierung erheblichen Unfrieden innerhalb der EU stiften dürfte, etwa durch die Forderungen europäischen Sanktionen gegenüber Russland abzuschaffen und die Unterstützung für die Ukraine infrage zu stellen, wie es ihr Parteiprogramm vorsieht. Begründet werden derartige Positionen von den österreichischen Rechten mit dem beinahe gebetsmühlenartigen Verweis, lediglich die österreichische Neutralität zu wahren. Ebenso wird der Plan, aus dem europäischen Raketenabwehrsystem “European Sky Shield Initiative” auszusteigen, mit der vielbeschworenen Neutralität Österreichs gerechtfertigt. Dass derartige Forderungen allerdings in erster Linie Russland noch mehr Einfluss auf die österreichische Selbstverteidigung geben würden, ist hier wohl kein unbedachter Nebeneffekt als vielmehr gezielter Plan.

Ungarn als Vorbild

Es ist also davon auszugehen, dass sich Österreich unter einer FPÖ-Regierungsbeteiligung in das Lager von Putinfreunden wie Orban und dem slowakischen Ministerpräsidenten Fico einreihen würde, und somit die Entscheidungsfähigkeit und Entschlussfindung innerhalb der EU deutlich erschweren würde. Innerhalb des Europaparlaments versucht die FPÖ, welche das autoritäre Regime Orbans ausdrücklich als Vorbild lobt, bereits seit einigen Monaten gemeinsam mit Orbans Fidesz Partei eine neue rechte Fraktion zu gründen. Obwohl bisher allerdings die dafür erforderliche Mindestanzahl an Parteien verschiedener Länder fehlt, ist der Schulterschluss mit antidemokratischen Russlandfreunden bereits jetzt eine Belastung für die europäische Legislative. Darüberhinaus ist zu befürchten, dass die FPÖ unter Kickl auch innerhalb des eigenen Landes weiter versuchen wird, Österreich nach ungarischem Vorbild in einen autoritären Ein- Parteien Staat zu verwandeln.

Hoffnung für die Zukunft

Es bleibt zu hoffen, dass die neue Koalition der demokratischen Parteien in Wien verstanden hat, dass ihr eigenes Fortbestehen und das der österreichischen Demokratie unter der Herrschaft der FPÖ akut bedroht ist. Ein Scheitern dieser Regierung würde darüber hinaus die ohnehin stimmenstarke FPÖ in Richtung einer absoluten Mehrheit katapultieren, oder aber den Teil der konservativen ÖVP, die bis jetzt einem Bündnis mit der Kickl FPÖ widerstanden hat, erheblich ins Wanken bringen. Doch ein Lichtblick besteht: Denn auch wenn die Bedrohung durch die antidemokratischen Kräfte erheblich ist, liegt es dennoch in der Hand der gemäßigten Parteien Österreichs, konstruktiv zusammenzuarbeiten und Mehrheiten jenseits von autoritären Handlangern Russlands zu ermöglichen.

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