Österreichs Regierung scheitert nach aufgedecktem rechtspopulistischen Korruptionsskandal
Am Samstag und nur nach einem Jahr im Amt rief der österreichische Kanzler Sebastian Kurz nach vorgezogenen Neuwahlen. Dies geschah schon nach 24 Stunden, nach der Veröffentlichung eines Videos, welches den Rechtsaußen-Parteivorsitzenden der Freiheitlichen Partei zeigt – Heinz-Christian Strache, Vizekanzler Juniorpartner in der regierenden Koalition. Im Video ist zu sehen, wie dieser sich mit einer vermeintlichen Nichte eines russischen Oligarchen unterhält und ihr Staatsaufträge für Parteispenden anbietet. Die Österreichische Volkspartei von Kurz regierte mit Hilfe der Rechtsaußen-Partei von Strache, aber der junge Kanzler bestand auf ein „genug ist genug“, nachdem Strache im Video Behauptungen aufgestellt hatte, Kurz wäre in sexuellen Orgien verwickelt. Um seine Partei vom Skandal abzuschirmen und das öffentliche Bild des Landes zu säubern, bevorzugte Kurz den Weg der Neuwahlen. Die neuesten Umfragewerte mit 33% zeigen an, dass die Bevölkerung immer noch die Österreichische Volkspartei unterstützen.
Russland kehrt in den Europarat zurück
Nach einem jahrelangen Streit nach Russlands Annexion der Krim hat eine überwältigende Mehrheit der 47 die Staaten vertretenden Außenminister*innen im Europarat auf eine Wiederherstellung der Stimmrechte Russlands geeinigt, welche 2014 ausgesetzt wurden. Russland stellte die Zahlung von Mitgliedsbeiträgen Juni 2017 ein (ca. 7% der Ratsbudgets) und fast zu einem Ausschluss des Landes vom Europarat führend. Das hätte dazu geführt, dass russische Menschenrechtsaktivist*innen keinen rechtlichen Zugang mehr zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte besessen hätten. Nach der Übereinkunft in dieser Woche erklärte sich Russland wieder dazu bereit, Mitgliedsbeiträge zu entrichten. Deutschland und Frankreich hatten für eine Rückkehr Russlands in den Rat geworben, sodass „Millionen von Russ*innen wieder den EuGH anrufen können“, sagte Deutschlands Außenminister Heiko Maas. Der Übereinkunft standen trotzdem noch die Ukraine, das Vereinigte Königreich, Polen, Georgien, Estland, Lettland und Litauen gegenüber.
EuGH-Urteil: Unternehmen müssen Arbeitszeiten aufzeichnen
Am Dienstag entschied der Europäische Gerichtshof, dass Unternehmen in der EU aufzeichnen müssen, wie viele Stunden ihre Arbeitnehmer*innen jeden Tag tätig sind. Systeme, die Arbeitsstunden aufzeichnen, müssen in jedem Mitgliedsstaat eingesetzt werden. Das würde eine Durchsetzung von Obergrenzen für Arbeitsstunden effizienter gestalten, sagte das Gericht aus, sodass Arbeitnehmerrechte unter der EU-Arbeitszeitenrichtlinie garantiert werden könne. Mitgliedsstaaten sorgen selber für konkrete Maßnahmen zur Einführung solcher Systeme unter Einbeziehung von verschiedenen Bereichen und Tätigkeitsfeldern der Unternehmen. Das Urteil kam nach einem Gesuch der spanischen Gewerkschaft CCOO an ein Madrider Gericht, ob die ansässige lokale Niederlassung der Deutschen Bank, welche nur Überstunden aufzeichnet, ein System eingerichtet hat, um auch die regulären Arbeitszeiten aufzunehmen. Das spanische Gericht forderte daraufhin ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes an. Das Urteil wurde mit Freuden von europäischen Gewerkschaften aufgenommen, aber die deutsche Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände kritisierte deren Unklarheiten und teilte mit, dass die Flexibilität abnehme.
Europäische Kommission warnt Rumänien bezüglich des Rechtsstaatsprinzips, noch einmal
In dieser Woche schickte der 1. Vizepräsident der EU-Kommission und Spitzenkandidat der Europäischen Sozialdemokraten Frans Timmermans einen Brief an den rumänischen Präsidenten, die Regierung und die Vorsitzenden beider Kammern im rumänischen Parlament. In diesem warnte die EU-Kommission, dass diese ein Verfahren gegen den Mitgliedsstaat nach Artikel 7 „unverzüglich“ auslösen wird, aufgrund von großen Bedenken bezüglich des Rechtsstaats in dem Land. Rumänien stellt aktuell den Vorsitz im Rat der Europäischen Union. Der bekannte Artikel 7 ist die schwerwiegendste politische Sanktion, die die EU einem Mitgliedsstaat auferlegen kann, diese führt zu einer Aussetzung von Stimmrechten an Entscheidungen in der EU. Es ist nicht das erste Mal, dass die EU bei Rumänien auf die Einhaltung des Rechtsstaatsprinzips pocht, aber Timmermans sagt, dass die Bedenken Brüssels in diesem Jahr noch weiter gewachsen sind, auch aufgrund von neuer rumänischer Gesetzgebung, welche de facto Straffreiheit für bestimmte Arten von Korruption garantiert. Notstandsregelungen der rumänischen Regierung fügen dabei noch Unvorhersehbarkeiten in den Gesetzgebungsprozess ein, nannte die Kommission weiterhin.
Zusammenbruch der Regierung könnte frühe Neuwahlen in der Ukraine verhindern
Die ukrainische Volksfront-Partei hat sich aus der Regierung zurückgezogen, das heißt, dass die Parteien im Parlament innerhalb von 30 Tagen eine neue Regierung bilden müssen. Das könnte zu einem großen Problem für den gerade neu gewählten Präsidenten, Volodymyr Zelenskiy, werden. Er gewann mit einem großen Wahlsieg gegen den damaligen Amtsinhaber im April und hatte frühe Neuwahlen in Betracht gezogen. Da seine Partei aktuell keine Sitze im Parlament stellt, könnte das seine Macht in der Ukraine festigen und das Momentum seines eigenen Wahlsieges bei den Präsidentschaftswahlen nutzen. Allerdings kann der Präsident nur verfrüht Neuwahlen ausrufen, wenn diese mehr als 6 Monate vom geplanten Wahltag entfernt liegen. Wenn die Regierungsbildungsversuche im ukrainischen Parlament sich verzögern, könnte Zelenskiy diese Frist verpassen, da die Parlamentswahlen turnusgemäß schon für Ende Oktober angesetzt sind.
Europäische Institutionen werden von Facebooks Wahlwerbungsregeln ausgenommen
Facebook kündigte diese Woche an, dass die Hauptinstitutionen der Europäischen Union (das Parlament, der Rat, die Kommission, der Ausschuss der Regionen sowie der Wirtschafts- und Sozialausschuss) von den Politik- und Wahlkampfregeln ausgenommen werden, sodass diese Wahlwerbung auch in mehreren Staaten genutzt werden kann. Facebook führte diese Maßnahmen ein, um Staaten vor ausländischer Wahlbeeinflussung auf ihrer Plattform zu schützen. Das führte aber hier zu einem Rückzieher, als es klar wurde, dass nach diesen Regeln europaweite Wahlwerbung für die anstehenden Europawahlen nicht möglich gewesen wäre. Obwohl die Anpassung begrüßt wurde, wird diese Ausnahme nur temporär gelten und zwar bis zum letzten Wahltag am 26. Mai und schließt keine bürgerlichen Vereinigungen und Gesellschaften ein, sodass Facebook’s Maßnahmen sich immer noch auf die europäische Politik beziehen werden.
Europäer*innen stehen hinter der EU, bleiben aber aufmerksam bei der Einwanderung
Umfragen des britischen Unternehmens YouGov zufolge gibt es eine große Befürwortung für die EU in der gesamten Union. 70% aller Deutschen gaben an, dass die Mitgliedschaft in der EU positiv wäre, derselbe Anteil in Polen, 65% in Spanien, 64% in Ungarn und 57% in Italien. Am unteren Ende wurde die Ansicht von einer positiv gesehenen EU-Mitgliedschaft von knapperen Mehrheiten getragen, in Belgien, Schweden (beide 55%) und Frankreich (51%). In allen befragten Mitgliedsstaaten stellte sich die Frage nach der Einwanderung als das Topthema mit 35% heraus, während der Klimawandel erst danach mit 29% kommt. Obwohl die Höhe ungeregelter Einwanderung von außerhalb der EU drastisch seit 2015 gesunken ist, sind viele Wähler*innen noch nicht überzeugt, dass die Situation unter Kontrolle wäre. In Italien und Polen gab es Mehrheiten, dass ihre Länder keine weitere ungeregelte Zuwanderung zulassen sollen, auch wenn Polen selbst kaum Menschen aufnahm. In der Zwischenzeit sehen Deutsche das Thema Einwanderung viel positiver als Schwed*innen, obwohl beide einen vergleichbar großen Anteil an Migranten aufnahmen. Deutschland und Frankreich taten ich als Ausnahmen in dieser Umfrage hervor, diese stuften den Klimawandel als ein wichtigeres Thema als die Einwanderung ein.
EU antwortet auf US-Kritik an europäischer Verteidigungsinitiative
Die Europäische Union versuchte, der US-Regierung zu versichern, dass es keinen Grund zur Besorgnis in Bezug auf Europas neue Verteidigungsinitiativen gäbe – PESCO und der Europäische Verteidigungsfonds. Obwohl der Brief der Trump-Regierung im Allgemeinen argumentierte, war ein großer Streitpunkt die Entscheidung, Nicht-EU-Unternehmen von der zukünftigen EU-Verteidigungsgüterproduktion auszuschließen. Die lukrative Rüstungsindustrie der USA machte sich stark für einen offenen Zugang zum europäischen Markt, mit der US-Regierung als Sprachrohr. Die Antwort kam durch Pedro Serrano, dem stellvertretendem Generalsekretär des Europäischen Auswärtigen Dienstes und Timo Pesonen, der Generaldirektor der EU-Kommission für den Binnenmarkt und dessen Industrie – diese sagten aus, dass die neuen integrativen Maßnahmen eine größere Interoperabilität von militärischen Systemen ermöglichten, um bestehende Unterschiede in Europa zu verringern und damit so zum NATO-Bündnis beizutragen. In der Antwort wurde auch darauf eingegangen, dass der US-Rüstungsmarkt bekanntermaßen selbst nur sehr eingeschränkt Zugang zu ausländischen Produzenten gewährt, europäische eingeschlossen, auch wenn dies nicht als Regelung festgeschrieben ist. Im Jahr 2016 wurden nur 0,17% der F&E-Aufwendungen des US-Rüstungsbudgets an EU-Unternehmen vergeben. Der EU-Markt ist in dieser Hinsicht also viel offener als der amerikanische.
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