Essay : Zivilgesellschaft ist undemokratisch - commentaires Essay : Zivilgesellschaft ist undemokratisch 2011-09-22T20:59:22Z https://www.thenewfederalist.eu/Zivilgesellschaft-ist-undemokratisch#comment10252 2011-09-22T20:59:22Z <p>Lieber Daniel, der Stakeholder-Ansatz ist, wie du schon angesprochen hast, sicher auch an der ein oder anderen Stelle problematisch, dennoch könnte er in meinen Augen tendenziell geeigneter sein, als das derzeitige Konsultationsverfahren. Warum ich diesen Artikel jedoch geschrieben habe : Ich finde den Umgang mit der Zivilgesellschaft - aber auch anderen jüngeren Instrumenten, wie der EBI - im europäischen Prozess zu unreflektiert. Speziell im Fall der Zivilgesellschaft wurden offensichtliche Problematiken viel zu einfallslos rhetorisch überspielt und ihr tendenziell Fähigkeiten attestiert, die sie nicht oder nicht in dem attestierten Ausmaß hat. Ähnliches gilt für die EBI, die sogar von einigen Verbänden (auch der JEF) in den Himmel gelobt wird, wo sie in meinen Augen nicht hingehört. Man sollte nicht bei jedem Krümel der vom Tisch fällt gleich in Euphorie ausbrechen. Mit anderen Worten : man darf nicht vergessen, dass Lobbyisten und Experten auch nach diesen Neuerungen kaum an Einfluss verlieren werden und ein Zugewinn demokratischer Input-Qualität bestenfalls vernachlässigbar ist. Die Angewohnheit der EU, jeden Hahnentritt für den großen Wurf zu verkaufen halte ich nicht nur für unredlich, sondern auch für eine besonders unschöne Taktik das Stocken im politischen Integrationsprozess der EU mit Phrasen zu überspielen. Diese dämliche Inszenierung von Politik ist wenig glaubwürdig und könnte am Ende das Vertrauen der Wahlbürger in die Kompetenz der politischen Elite noch weiter untergraben. Vor dem Hintergrund der Krise, die in meinen Augen auch und vor allem eine Krise europäischer Werte, allen voran der Solidarität ist und den flächenbrandartigen nationalen Rückbesinnungswellen in Europa mutet die rhetorische Taktik schon äußerst hilflos an. Es gibt jedenfalls noch genug Stoff für kritische Artikel. Die lebhafte Diskussion mit Martin und dir freut mich jedenfalls sehr ! Grüße</p> Essay : Zivilgesellschaft ist undemokratisch 2011-09-22T12:42:27Z https://www.thenewfederalist.eu/Zivilgesellschaft-ist-undemokratisch#comment10250 2011-09-22T12:42:27Z <p>Danke für deine ausführliche Antwort, Christoph. Nach deinen zusätzlichen Ausführungen denke ich, dass wir in unseren Positionen gar nicht so weit auseinanderliegen. Dass die Einbeziehung einzelner großer und kleiner Verbände, wie sie durch die EU Kommission betrieben wird, das Demokratiedefizit der EU nicht lösen wird, weil sie vielfach abseits der breiten Öffentlichkeit stattfindet, und deshalb keinesfalls klassische demokratische Instrumente ersetzen darf, sehe ich genauso. Ich denke, die Einbeziehung dieser Gruppen in die Formulierung von Verordnungen etc. dient weniger der Input-Legitimation als vielmehr der Gewinnung von Expertenwissen, das dazu beitragen kann, dass die Verordnungen inhaltlich gut werden und dann evtl. die Output-Legitimation der EU erhöhen können. Mit dem Stakeholderansatz habe ich mich bislang nicht näher beschäftigt. Was mir auf den ersten Blick daran problematisch erscheint, ist dass es aufgrund des Butterfly-Effect sehr schwer ist, zu bestimmen, wer denn nun von einer bestimmen Entscheidung betroffen ist und deshalb mitentscheiden können soll.</p> Essay : Zivilgesellschaft ist undemokratisch 2011-09-20T19:19:48Z https://www.thenewfederalist.eu/Zivilgesellschaft-ist-undemokratisch#comment10243 2011-09-20T19:19:48Z <p>Hallo Daniel,</p> <p>vielen Dank für deinen Kommentar !</p> <p>Du sprichst in meinen Augen einen fundamentalen Punkt an, in dem ich dir voll und ganz zustimme. Eines der größten Probleme unserer Gesellschaft ist die immense Diskrepanz zwischen einem ständig komplexer werdenden politischen System und einer Bildungspolitik die zunehmend auf eine schnellstmögliche Eingliederung in den Arbeitsmarkt ausgerichtet ist. Der Stellenwert politischer Bildung in der Schule ist geradezu erschreckend gering. Es ist paradox und gefährlich, wenn in einer Demokratie die Bürger das politische System nicht mehr verstehen und ihm dadurch entfremdet werden. Du hast absolut Recht, dass hier etwas im Argen liegt und NGOs dafür vorderhand keine Schuld zugeschrieben werden kann.</p> <p>Ich argumentiere jedoch, dass in der derzeitigen Konstellation die Zivilgesellschaft (auch NGOs) als Katalysator wirkt, der nicht-privilegierte Schichten zusätzlich ausgrenzen kann oder doch das derzeitige gesellschaftliche Problem nicht behebt – wie es uns die Kommission weiß machen will (Bürgernähe, etc.). Dazu müssen fundamentale Schritte unternommen werden. Entweder müsste die Gesellschaft dem politischen System (mehr Bildung für alle Gesellschaftsschichten) oder das politische System der Gesellschaft (Komplexitätsreduktion politischer Strukturen) angeglichen werden, um wieder mehr Vertrauen, Zustimmung und Beteiligung – auch in heute bildungsfernen Schichten – zu erreichen. Ein starkes Parlament und eine europäische Regierung könnten ein komplexitätsreduzierender Ansatz sein, eine umfassende Bildungsoffensive ein anderer.</p> <p>NGOs agieren in meinen Augen zwar nicht derart 'öffentlichkeitsfern' wie Lobbyisten, da gebe ich dir völlig Recht, weil sie eben auch Mitglieder rekrutieren und in der Bevölkerung auf ihre Ziele aufmerksam machen – oder es zumindest versuchen. Die konkreten Ziele, Projekte oder Einflussmaßnahmen bleiben aber von der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet. Sie finden kaum Resonanz in den Massenmedien. Das liegt in meinen Augen vor allem an der Vielzahl der Akteure. An einem Konsultationsprozess der Kommission nehmen regelmäßig mehr als 100 verschiedene Verbände Teil, mit eigenen Zielen und unterschiedlichem Gewicht. Es liegt also sicher zum Teil an einer gewissen Ignoranz etablierter Medien, aber auch in der komplexen Natur der Sache, dass eine kritisch mediale Öffentlichkeit auch für NGOs nicht in dem Maße erreicht werden kann, wie beispielsweise für Regierungen, die Kommission oder Parteien.</p> <p>In deinem letzten Absatz hast du erneut völlig recht, wenn du sagst, dass auch gewählte Politiker keineswegs dem demokratischen Ideal entsprechen und zahlreiche berechtigte Interessen – vor allem nicht-privilegierter Gesellschaftsschichten – zu kurz kommen lassen oder schlimmstenfalls gar ignorieren. Auch hier sollte man ein strenges normatives Maß anlegen und in aller berechtigten Schärfe Kritik üben. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob du mich richtig verstanden hast, denn ich kritisiere politische Ungleichheit, egal in welcher Form oder Institution sie auftritt. Auch habe ich weiter oben den Stakeholder-Ansatz bereits als eine mögliche – und sinnvollere – Umsetzung von Zivilgesellschaft, bezeichnet. Was ich also vor allem kritisiere ist die derzeitige Umsetzung der Zivilgesellschaft, die – wie oben ausgeführt – zum einen die Interessen großer Bevölkerungsteile zu wenig berücksichtigt, die gleichberechtigte Partizipation im derzeitigen Institutionengefüge nicht gewährleisten kann und sicherlich kein adäquates Mittel ist, Bürgernähe herzustellen. Mit diesem Anspruch ist die Kommission jedoch an ihren zivilgesellschaftlichen Ansatz herangetreten und in meinen Augen fulminant gescheitert. Die Einbindung der organisierten Zivilgesellschaft hat den Vertrauensverlust in die EU in den national organisierten Bevölkerungen nicht stoppen, noch rückwärtsgewandte Nationalismen abschwächen können. Deshalb ist Zivilgesellschaft in ihrer derzeitigen Verfassung, für die derzeitigen Probleme der EU, in meinen Augen kein ausreichendes Instrument.</p> <p>Es kann allerdings auch sein, dass dieser Aspekt in meinem Artikel ein wenig untergegangen ist – was verschiedenen Gründen geschuldet ist.</p> Essay : Zivilgesellschaft ist undemokratisch 2011-09-20T07:46:08Z https://www.thenewfederalist.eu/Zivilgesellschaft-ist-undemokratisch#comment10239 2011-09-20T07:46:08Z <p>Hallo Christoph, du hast Recht, dass « rhetorische Fähigkeiten, Bildung und Durchsetzungsfähigkeit ein wesentliches Selektionsmerkmal innerhalb der Verbände darstellen ». Dies ist aber in politischen Parteien und bei den « gewählten Volksvertretern » genauso. Im Übrigen sprichst du von einer « gleichberechtigten » Teilhabe. Jeder hat das Recht, eine NGO zu gründen oder sich in einer bestehenden zu engagieren. Dass viele Menschen gerade aus benachteiligten Sozialschichten dieses Recht nicht wahrnehmen (ebenso wie auch unter den Nichtwählern viele Menschen aus benachteiligten Schichten sind), kann man nicht den NGOs zum Vorwurf machen (und auch nicht den « akademischen Gesellschaftsgruppen », die nach politischem Einfluss streben), sondern da versagt unser Bildungssystem etc. Im Übrigen verstehe ich nicht, wie du zu der Einschätzung gelangst, dass ziviligesellschaftliche Akteure meistens abseits der Öffentlichkeit agieren. Wenn eine NGO Einfluss auf die politischen Entscheidungsträger nehmen möchte, ist sie doch gerade auf die Schaffung einer Öffentlichkeit angewiesen, damit die Politiker ihre Wählerstimmen in Gefahr sehen. Nur bei Wirtschaftslobbyisten ist dies anders, da sie mit der Verlagerung von Arbeitsplätzen o.ä. auch hinter verschlossenen Türen drohen können. Eine Kritik des Einflusses von Wirtschaftslobbyisten hat sicherlich ihre Berechtigung, aber dann sollte man nicht das Kind mit dem Bade ausschütten und diese Kritik aufgrund deiner Definition des breiteren Ansatzes von ZGO auf alle zivilgesellschaftlichen Akteure ausdehnen. Natürlich müssen auch NGOs einer kritischen Öffentlichkeit ausgesetzt sein, aber in einer funktionierenden Medienlandschaft sind sie dies auch und oft gibt es ja auch konkurrierende Akteure mit entgegengesetzten Interessen. Selbstverständlich hast du auch Recht, dass viele berechtigte Interessen im politischen Diskurs nicht hinreichend Gehör finden (etwa die von Obdachlosen und Strafgefangenen), aber auch die gewählten Politiker kümmern sich in der Regel zu wenig um diese Gruppen. Ich glaube nicht, dass das in einer Welt ohne zivilgesellschaftliche Akteure anders wäre. Wie gesagt glaube ich eher, dass dann einzelne mächtige Individuen noch viel mehr Einfluss hätten. Insofern ist es unfair, die zivilgesellschaftlichen Akteure dafür zu kritisieren, dass sie nicht das Bild einer idealen Demokratie erfüllen, in dem alle Bürger vollkommen gleich am politischen Prozess teilnehmen, da es auch kein reelles Alternativmodell gibt, das dieses Ideal erfüllen würde. Man sollte also nur auf die Diskrepanz zwischen der Realität und dem Ideal aufmerksam machen und dann versuchen, die Realität dem Ideal etwas mehr anzunähern, etwa indem man mehr Menschen ermutigt und befähigt, sich in der Zivilgsellschaft zu engagieren.</p> Essay : Zivilgesellschaft ist undemokratisch 2011-09-19T18:35:07Z https://www.thenewfederalist.eu/Zivilgesellschaft-ist-undemokratisch#comment10236 2011-09-19T18:35:07Z <p>Lieber Martin,</p> <p>vielen Dank für deine Kommentare !</p> <p>Ich beginne mal mit dem Stakeholder-Ansatz. Wenn ich mich nicht irre, war (ist ?) der Stakeholder-Ansatz längere Zeit auch in Mitte-links Kreisen für die EU angedacht, meines Wissens hatte dieser Ansatz aber nie so richtig Aussicht auf Umsetzung. Er wäre auf jeden Fall deutlich sinnvoller als die derzeitige Umsetzung von Zivilgesellschaft, die enorme Chancen- und Einflussungleichheiten aufweist – da würde ich dir also weitgehend zustimmen.</p> <p>Ich denke benachteiligt sind insbesondere sozial schwache gesellschaftliche Gruppen. Also in erster Linie Arbeitslose, Rentner, prekär Beschäftigte und Immigranten. Darüber hinaus aber auch jene, die aufgrund ihres niedrigeren Bildungsniveaus geringere Partizipationschancen im zivilgesellschaftlichen Prozess haben. Für mich bedeutet Demokratie eben auch die Möglichkeit eingeräumt bekommen, seine eigenen Interessen und Ideen im gleichen Maße in den gesellschaftlichen Prozess einbringen zu können, wie jeder andere Wahlbürger. Dazu fehlen aber die Voraussetzungen, da Bildung als wesentliches Selektionskriterium zu ungleich verteilt ist. Natürlich ist das auch in gewissem Maße länderspezifisch, aber insbesondere in Deutschland gravierend.</p> <p>Warum denke ich, dass diese Gruppen unterrepräsentiert sind ? Weil sie in den letzten Jahren sowohl politisch als auch wirtschaftlich-sozial herbe Einschnitte hinnehmen mussten, wohingegen bestimmte akademische Schichten an politischem und wirtschaftlich-sozialem Gewicht gewonnen haben. Ein Gradmesser ist der Rückbau des Wohlfahrtsstaates, ein anderer das Sinken der Löhne in prekären Beschäftigungsverhältnissen, bei gleichzeitigem Anstieg von Lohn und Vermögen privilegierter Schichten. Politisch ist der zivilgesellschaftliche Diskurs durchaus auch ein Zeichen, dass insbesondere akademische Gesellschaftsgruppen nach mehr politischem Einfluss streben – wohingegen man insbesondere bei bildungsfernen Schichten wenig zivilgesellschaftliches Engagement und eine geringe Wahlbeteiligung feststellen kann. Wären sie gemäß ihrer Masse im politischen Prozess repräsentiert, wäre eine zunehmende Einkommens- und Sozialspaltung wohl nicht möglich.</p> <p>„Sicherlich werden Einzelinteressen der Wahlbürger ausgegrenzt aber wenn diese Interessen gesellschaftsfähig sind, dann gibt es dafür auch zivilgesellschaftliche Strukturen oder sie gründen sich neu.“</p> <p>Da bin ich mir eben nicht so sicher. Sowohl Wikileaks, als auch die Piratenpartei sind nämlich ebenfalls Zusammenschlüsse meist hochqualifizierter Akademiker. Deshalb denke ich, ist meine Einschätzung weiterhin valide, wenn ich behaupte, dass Bildung ein wesentliches Zugangskriterium für über die Wahlbürgerschaft hinausreichendes politisches Engagement darstellt – weshalb in einem zivilgesellschaftlichen Diskurs die Interessen sozial Benachteiligter fast immer zu kurz kommen müssen – es sei denn es gäbe einen streng institutionalisierten Rahmen, der ihre Partizipation sicherstellen würde.</p> <p>Zu den demokratischen Maßstäben wollte ich noch sagen, dass ich es für sinnvoller erachte, an alles strikte demokratische Maßstäbe anzulegen, um in einem kritischen Diskurs gesellschaftliche Reflexion zu betreiben. Die Verwässerung der Maßstäbe birgt in meinen Augen oft die Gefahr der Instrumentalisierung, also berechtigter Kritik mit lausigen Argumenten gesellschaftlicher Entwicklungs- und Transformationsprozesse zu begegnen und sich damit gegen legitime Kritik zu immunisieren.</p> <p>Grüße</p> Essay : Zivilgesellschaft ist undemokratisch 2011-09-18T16:39:27Z https://www.thenewfederalist.eu/Zivilgesellschaft-ist-undemokratisch#comment10231 2011-09-18T16:39:27Z <p>Servus,</p> <p>den Multi-Stakeholder Ansatz findest du sehr stark in der netzpolitischen Szene, wo sich einfach eine Nische gebildet hat und die dann von Organisationen aus dem dritten Sektor (diesmal auch durchaus im weiteren Verständnis) gefüllt wurden, bevor der Staat diese Bereiche entdeckt hat. Daraus hat resultiert, dass verschiedene Bereiche des Internets unterschiedliche reguliert sind, teilweise durch reine ökonomische Auslese, teilweise durch Mehrheitsentscheide. Um nun in diesen Bereichen Änderungen hervorzurufen ohne jemandem auf die Füße zu steigen gibt es den Multi-Stakeholder Ansatz, der alle beteiligten Gruppen an einen Tisch setzen soll und so eine gemeinsame Regulierung ermöglichen soll. Dies ist leider noch nicht sonderlich weit fortgeschritten, der Ansatz ist jedoch sehr positiv, in meinen Augen.</p> <p>Mich würde durchaus noch interessieren, welche Interessensgruppen du nicht vertreten siehst. Im Europarat werden zB. noch deutlich stärker als in den EU Institutionen Minderheitenrechte gepusht und auch Organisationen mit unter 2000 Mitgliedern in den Strukturen gefördert. In den EU Programmen für Bürgerbeteiligung und Jugend gibt es stets Gleichstellungsparagraphen und positive Diskriminierung für benachteiligte Gruppen. Zwar ist die EU hier etwas langsam was die Festlegung angeht, wer benachteiligt ist und wer nicht, doch generell gibt es die Absicht alle Ansichten zu integrieren, nur an der Umsetzung mangelt es.</p> <p>In meinen Augen macht die Zivilgesellschaft auf genau diese Beteiligungsmöglichkeiten aufmerksam und kanalisiert die Interessen. Sicherlich werden Einzelinteressen der Wahlbürger ausgegrenzt aber wenn diese Interessen gesellschaftsfähig sind, dann gibt es dafür auch zivilgesellschaftliche Strukturen oder sie gründen sich neu. Als Beispiel kann man sich hier auch gern Wikileaks oder die Piratenpartei anschauen. Der politische Umgang mit beiden Gruppen ist in meinen Augen deutliche Demokratie gefährdender als die Existenz derselben.</p> Essay : Zivilgesellschaft ist undemokratisch 2011-09-17T20:30:15Z https://www.thenewfederalist.eu/Zivilgesellschaft-ist-undemokratisch#comment10228 2011-09-17T20:30:15Z <p>„Hoffe das ist nicht aus unserer Diskussion auf der Fähre entstanden :P“ Nein, der Ansatz ist zwar brillant, war mir aber doch ein wenig zu abgefahren ;)</p> <p>„ In Zeiten von Klientelpolitik stellt die Zivilgesellschaft nur eine weitere Form des Stellvertretertums dar.“ Aber im Gegensatz zu gewählten Volksvertretern eine ungleiche.</p> <p>„ Die Repräsentativität geht zudem aus den Strukturen und dem Outreach hervor“ Aber die Responsibilität nicht zwingend. Eine öffentliche Kontrolle findet auch allerhöchstens rudimentär statt.</p> <p>Ich bin mir zwar nicht ganz sicher, was du mir im zweiten Absatz sagen willst, aber wenn du von einer starken Institutionalisierung der ZGO auf EU-Ebene sprichst, die einen annähernd gleichen Einfluss aller Interessen gewährt, dann wäre in meinen Augen bereits ein Problem gelöst. Dann sollte man allerdings noch sicherstellen, dass allen die gleichen Zugangschancen in ZGO offenstehen.</p> <p>Eine der Hauptproblematiken der derzeitigen zivilgesellschaftlichen Ausgestaltung besteht für mich darin, dass nicht alle gesellschaftlichen Interessen berücksichtigt werden und dadurch manche Interessen zu viel, manche zu wenig Berücksichtigung finden. Das vor allem, weil bestimmten Verbänden und Individuen deutlich mehr Chancen eingeräumt sind, als anderen.</p> Essay : Zivilgesellschaft ist undemokratisch 2011-09-17T20:15:50Z https://www.thenewfederalist.eu/Zivilgesellschaft-ist-undemokratisch#comment10227 2011-09-17T20:15:50Z <p>Ich bin mir unsicher, ob du die zitierte Stelle nicht vielleicht missverstanden hast. Nicht die organisierten Individuen, sondern alle in einem Gesellschaftssystem zusammengefassten Individuen sollen gleichberechtigt am politischen Entscheidungsprozess teilnehmen dürfen. Kann sein, dass ich mich an dieser Stelle uneindeutig ausgedrückt habe.</p> <p>„NGOs treffen keine kollektiv verbindlichen Entscheidungen, also müssen sie auch nicht demokratisch legitimiert sein.“ Ich sehe das Problem eigentlich woanders. Durch ZGO erhält ein kleiner Teil der Gesellschaft einen signifikant größeren Einfluss auf die Tagespolitik als der durchschnittliche Wahlbürger. Das finde ich insofern problematisch, weil dadurch zum einen direkt die Rechte des Wahlbürgers beschnitten werden, zum anderen diese Entwicklung in meinen Augen auch erheblichen Einfluss auf die zunehmende 'Politikverdrossenheit' hat. Die Bürger spüren, dass ihr Einfluss auf das politische Geschehen sinkt und da sie für sich persönlich keine Möglichkeit erkennen dagegen etwas zu unternehmen – eben auch weil diese politischen Kräfte (ZGO) oft außerhalb der medialen Öffentlichkeit agieren – ziehen sie sich aus dem politischen Prozess zurück (gehen nicht mehr wählen, demonstrieren nicht, werden eben apolitisch).</p> <p>Das ist auf nationalstaatlicher Ebene schon nicht besonders günstig. Auf europäischer Ebene wirkt sich das aber verheerend aus. Das 'Projekt Europa' wird dann unter Ausschluss breiter (meist bildungsferner) Gesellschaftsschichten errichtet. Durch die politische Exklusion steigt jedoch auch die Skepsis gegenüber Europa. Das geht in meinen Augen wesentlich mit mangelnder medialer Aufmerksamkeit einher – wobei hier ein gewisser Teufelskreis vorliegt. Die Medien argumentieren, dass europäische Themen nicht gut ankommen und die Bürger argumentieren, dass Europa in den Medien kaum präsent ist.</p> <p>Politische Ungleichheit verstärkt in diesem Fall tendenziell EU Skepsis und Nationalismen. Ein zweiter Punkt ist, dass politischer Einfluss und wirtschaftliches Gewicht in aller Regel korrelieren (das lehrt uns z.B. ein Blick in die Geschichte der Gewerkschaften, aber auch auf multinationale Konzerne). Sowohl politische als auch wirtschaftliche Ungleichheiten führen jedoch zu zunehmenden sozialen und politischen Spannungen im europäischen Gefüge (sei dies zwischen Staaten oder Individuen). Diese immer stärker auftretenden Spannungen sind der Hemmschuh schlechthin für die weitere Vertiefung der EU.</p> <p>Dagegen helfen jedoch ZGO kaum und sind daher als Instrument gegen die derzeitigen Probleme der EU völlig ungenügend (zumindest im jetzigen Institutionengefüge, bei mangelnder medialer Aufmerksamkeit). Die Quintessenz meines Artikels ist also : Wollen wir die europäische Vision voranbringen, helfen uns ZGO aus diversen Gründen, vor allem aber, da sie politische Ungleichheit verstärken, nicht weiter. Weil wir wieder alle Bürger in den europäischen Prozess miteinbeziehen sollten, hilft hier nur eine effektive Demokratisierung (Angleichung des politischen Einflusses).</p> <p>Ich entschuldige mich, dass ich meine Vorstellungen hier nur skizzieren kann. Ich hoffe sie sind trotzdem einigermaßen nachvollziehbar.</p> <p>„ Sie ermöglichen dem einzelnen Bürger doch überhaupt erst, sich gleichberechtigt am politischen Prozess zu beteiligen (...)“ Das ermöglichen sie aus technischen Gründen heraus aber nur Wenigen. Weil eben Verbände oft hierarchisch organisiert sind. Weil rhetorische Fähigkeiten, Bildung und Durchsetzungsfähigkeit ein wesentliches Selektionsmerkmal innerhalb der Verbände darstellen. ZGO sind das Instrument einer Bildungselite, keineswegs des durchschnittlichen Wahlbürgers und schon aus diesem selektiven Moment heraus völlig undemokratisch.</p> <p>„Sie machen Vorschläge, erheben Forderungen und tragen auch zur Kontrolle mächtiger staatlicher und gesellschaftlicher Akteure bei.“ Und wer kontrolliert die ZGO ? Im Gegensatz zu Parlamenten und Regierungen mangelt es ZGO erheblich an medialer Öffentlichkeit, Responsibilität und gesellschaftlicher Kontrolle. Das ermöglicht ihnen eine gewisse Schattenaktivität. Auch sind ZGO bei ihrer Kontrollfunktion noch immer maßgeblich auf die öffentlichen Medien angewiesen, weil sie selbst keine entscheidende Öffentlichkeitsarbeit leisten können.</p> <p>„ (…) das Individuum in den modernen Massendemokratien aus rein praktischen Gründen gar kein Gehör finden kann, wenn es sich nicht mit anderen vernetzt - es sei denn es verfügt alleine über erhebliche materielle Ressourcen, was dann aber erst recht kein gleichberechtigter politischer Prozess wäre.“ Richtig. Aber entweder darf man niemandem politischen Einfluss auf die gewählten Volksvertreter gestatten oder man muss eben allen gleiche Bedingungen einräumen. Das ist aber offensichtlich nicht der Fall, weil Ressourcen und Bildung maßgeblich die Chance auf Einfluss bestimmen – was in einer Demokratie inakzeptabel ist ! Zivilgesellschaft könnte theoretisch ein Beitrag zur Demokratie sein, aber nur, wenn sie politische Gleichheit stützt und nicht wie im gegenwärtigen Fall politische Ungleichheit befördert.</p> Essay : Zivilgesellschaft ist undemokratisch 2011-09-17T19:48:38Z https://www.thenewfederalist.eu/Zivilgesellschaft-ist-undemokratisch#comment10226 2011-09-17T19:48:38Z <p>Hoffe das ist nicht aus unserer Diskussion auf der Fähre entstanden :P</p> <p>Generell finde ich es etwas unfair idelle demokratische Massstäbe an die Zivilgesellschaft aber nicht ihren politischen Gegenüber anzulegen. In Zeiten von Klientelpolitik stellt die Zivilgesellschaft nur eine weitere Form des Stellvertretertums dar. Die Repräsentativität geht zudem aus den Strukturen und dem Outreach hervor. Man findet schon klare Unterschiede in der Organisationsform von Attac und einer Parteijugendorganisation, ebenso in der größe des Netzwerks.</p> <p>Daher sehe ich das Problem weniger in der Rolle der Zivilgesellschaft sonder allerhöchstens im Umgang mit ihr. Mangelhafte Integration bei Kernkompetenzen der EU ist durchaus problematisch, da somit eine Herabwertung der zivilgesellschaftlichen Strukturen stattfindet. Viel mehr sollten hier die Lobbykräfte (und ich möchte hier nicht den kompletten dritten Sektor als Zivilgesellschaft dargestellt wissen) in einem Multi-Stakeholder Ansatz zusammenkommen.</p> Essay : Zivilgesellschaft ist undemokratisch 2011-09-17T15:15:28Z https://www.thenewfederalist.eu/Zivilgesellschaft-ist-undemokratisch#comment10225 2011-09-17T15:15:28Z <p>Ich stimme der Aussage zu « Nimmt man Demokratie ernst, so heißt das, dass alle in einem Gesellschaftssystem organisierten Individuen gleichberechtigt am politischen Entscheidungsprozess teilnehmen dürfen. » Für mich stehen zivilggesellschaftliche Organisation aber überhaupt nicht in einem Widerspruch zu dieser Aussage. NGOs treffen keine kollektiv verbindlichen Entscheidungen, also müssen sie auch nicht demokratisch legitimiert sein. Vielmehr ermöglichen sie den Bürgern, ihre Interessen zu aggregieren und somit ihre Meinung in die demokratisch legitimierten Entscheidungsgremien hineinzutragen. Sie machen Vorschläge, erheben Forderungen und tragen auch zur Kontrolle mächtiger staatlicher und gesellschaftlicher Akteure bei. Ob ihre Konzepte umgesetzt werden, liegt dann immer in der Verantwortung der gewählten Politiker in Legislative und Exekutive. Sie ermöglichen dem einzelnen Bürger doch überhaupt erst, sich gleichberechtigt am politischen Prozess zu beteiligen, da das Individuum in den modernen Massendemokratien aus rein praktischen Gründen gar kein Gehör finden kann, wenn es sich nicht mit anderen vernetzt - es sei denn es verfügt alleine über erhebliche materielle Ressourcen, was dann aber erst recht kein gleichberechtigter politischer Prozess wäre.</p>