Türkei : Nur keine Schnellschüsse - commentaires Türkei : Nur keine Schnellschüsse 2016-08-01T14:49:41Z https://www.thenewfederalist.eu/turkei-nur-keine-schnellschusse#comment22133 2016-08-01T14:49:41Z <p>Hallo Alexander Peters,</p> <p>man kann Menschenrechtsverletzungen nicht gegeneinander abwägen oder aufrechnen. Deshalb mache ich das nicht und ich sehe in der EU auch keine „türkischen Verhältnisse“. Ihr zweiter Beitrag erschließt sich mir insofern nicht.</p> <p>Ich sehe es nur so, dass wir als EU-Bürger zunächst dafür verantwortlich sind, die hiesige Gesellschaft so zu gestalten, dass grundlegende Dinge, wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Bürger- und Menschenrechte, gewährleistet werden. Solange wir dieser Verantwortung nicht nachkommen (und bei monatlich 500 Toten an den EU-Außengrenzen machen wir das eher nicht), halte ich es mit dem Sprichwort „Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen“. Die Kritik an der Entwicklung in der Türkei ist zwar berechtigt, aber aus der EU einfach nur unglaubwürdig.</p> <p>Sie schreiben : „Die EU besitzt, wie man jetzt sieht, über kein wirksames Mittel, um gegen den Verfall der Rechtsstaatlichkeit in bereits beigetretenen Staaten vorzugehen“</p> <p>Das ist vollkommen korrekt und zeigt doch gerade, dass diese EU riesige Strukturprobleme hat. Man stelle sich vor, eine Landesregierung in Deutschland würde sich nicht an das GG halten und man könnte nur etwas dagegen unternehmen, wenn alle anderen 15 Landesregierungen einer Intervention zustimmen. Wir brauchen endlich „wirksame Mittel“, also eine echte Verfassung und eine tatsächliche Gewaltenteilung in der EU, damit Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaat nicht mehr unter die Räder kommen können. Dann müssen auch die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei nicht abgebrochen werden, weil die Türkei ja nur beitreten kann, wenn sie die Bedingungen vollständig erfüllt. Und vor einem Rückfall würden dann auch solide Strukturen in der EU schützen. Insofern müsste das doch genau in Ihrem Interesse sein.</p> <p>Beste Grüße, Mister Ede</p> Türkei : Nur keine Schnellschüsse 2016-07-31T23:36:31Z https://www.thenewfederalist.eu/turkei-nur-keine-schnellschusse#comment22130 2016-07-31T23:36:31Z <p><strong>ERDOGAN UND DIE GEWALT - B) </strong></p> <p><span class="spip-puce ltr"><b>–</b></span> <strong>"GIBT ES HIER AUCH"</strong> : Darüberhinaus ist es aber auch einfach unwahr, daß es die türkischen Verhältnisse in der EU – in Polen und Ungarn - „auch“ gibt. In Polen und/ oder Ungarn findet man - schlimm genug - die Verwandlung der <i>Staats</i>medien in ein reines Regierungssprachrohr und die Behinderung privater Medien durch steuer-/ aufsichtsrechtliche Schikanen. In Polen können 3 rechtmäßig gewählte Verfassungsrichter ihr Amt bisher nicht aufnehmen, weil Präsident Duda sie nicht vereidigt. In Ungarn wollte Orban durch Frühverrentung von Richtern die Entstehung einer linientreuen Richterschaft beschleunigen, mußte aber das Gesetz hierzu zurücknehmen.</p> <p>In der Türkei hingegen haben wir nach dem Putsch nicht <i>3</i> unvereidigte sondern fast <strong>3.000</strong> willkürlich entlassene Richter. Private Medien werden auch nicht lediglich schikaniert sondern rigoros beseitigt : Hatte man schon vor dem Putsch die Gülen-Zeitung <i>Zaman</i> zwangsverstaatlicht, so sind es heute 45 Blätter und 16/23 TV-/Radiosender, die geschlossen werden. Die Zahlen allein zeugen von der krassen Unterdrückung, zu der es in Polen/ Ungarn kein Gegenstück gibt.</p> <p>Vor allem aber fehlt dort völlig die Terrorgewalt, mit der die AKP auf Gegner losgeht. Bei dem Angriff auf die Hürriyet-Redaktion, Sept. 2015, wurden deren Räume von einem AKP-Mob verwüstet, den ein Abgeordneter, Boynukalin, führte. In den folgenden Tagen wurden die Zentrale der kurdischen HDP und Dutzende ihrer Büros im ganzen Land von Nationalisten angegriffen ohne daß der türkische Staat es verhinderte.</p> <p>Sehr geehrter Mister Ede : Wo sind die niedergebrannten Partei- und Redaktionsbüros in Polen ? Und welchen ungarischen Stadtkern hat Orban so zusammenschießen lassen, wie Erdogan die Altstadt von Diyarbakir mit ihren 20.000 Flüchtlingen ?!</p> <p>Man sollte Erdogans Verbrechen nicht verharmlosen - und damit seinen Opfern – den verfolgten Journalisten, Richtern, Kurden – noch ein weiteres Mal in den Rücken zu treten.</p> Türkei : Nur keine Schnellschüsse 2016-07-31T22:57:48Z https://www.thenewfederalist.eu/turkei-nur-keine-schnellschusse#comment22129 2016-07-31T22:57:48Z <p><strong>ERDOGAN UND DIE GEWALT - A)</strong></p> <p>Sehr geehrter Mister Ede :</p> <p><span class="spip-puce ltr"><b>–</b></span> <strong>« MENSCHENRECHTE »</strong> : Den Umgang der EU mit den Flüchtlingen kritisieren sie zu Recht, aber eine Relativierung nach dem Motto, « Alle lassen sterben : die Türkei Kurden/ Demonstranten und die EU eben Bootsflüchtlinge » ist Unfug. Der Hauptverantwortliche für das Schicksal syrischer Flüchtlinge ist nicht die EU sondern die syrische Regierung : <i>Sie</i> wäre für das Wohlergehen ihrer Bürger zuständig gewesen und hat sie stattdessen bombardiert. Natürlich ist es ein Gebot der Menschlichkeit, daß bei einem solchen Totalausfall der eigenen Regierung, wie bei den Syrern, fremde Regierungen einspringen - ein Gebot gegen welches die EU verstößt. Die Türkei hingegen, wenn sie Demonstranten oder kurdische Zivilisten umkommen läßt, verstößt nicht bloß - wie die EU - gegen dieses allgemeine Menschlichkeitsgebot, sondern sie vergeht sich - wie Syrien - gegen die Kernaufgabe jeden Staates, welche ist, für die ihm anvertrauten Bürger zu sorgen.</p> <p><span class="spip-puce ltr"><b>–</b></span> <strong>« RICHTER/ MEDIEN »</strong> : Gerade, wenn man - wie Sie anscheinend - glaubt, Polens Umgang mit seinem Verfassungsgericht oder Ungarns mit seinen Medien stünde auf einer Stufe mit dem türkischen Irrsinn, so folgt daraus gerade nicht, daß man das türkische Beitrittsverfahren ruhig weiterlaufen lassen sollte. Die EU besitzt, wie man jetzt sieht, über kein wirksames Mittel, um gegen den Verfall der Rechtsstaatlichkeit in <i>bereits beigetretenen</i> Staaten vorzugehen, da eine Disziplinierung eines bestimmten Staates den einstimmigen Beschluß aller anderen EU-Länder erfordert und es diesen schon deshalb nicht geben wird, weil Ungarn Polen und Polen Ungarn den Rücken freihält. Es folgt, daß die EU Staaten überhaupt nur dann aufnehmen darf, wenn sie als Rechtsstaaten so gefestigt sind, daß ein Rückfall in vorrechtsstaatliche Zustände undenkbar ist und daß, wenn die polnischen/ ungarischen Zustände den türkischen wirklich glichen, wir bereits mit der Aufnahme dieser beiden Länder einen unverzeihlichen Fehler begangen hätten. - Warum sollte man den dann noch mit einem 80-Millionen-Land wiederholen ? Weil die Zerstörung der EU noch nicht schnell genug vorangeht ?!</p> <p> - Forts.</p> Türkei : Nur keine Schnellschüsse 2016-07-30T14:58:27Z https://www.thenewfederalist.eu/turkei-nur-keine-schnellschusse#comment22123 2016-07-30T14:58:27Z <p>@Alexander Peters</p> <p>Richter werden auch in der EU entlassen und jüngst wurde sogar ein Verfassungsgericht entmachtet (Polen). Und Korruption (Bulgarien), eingeschränkte Medien (Ungarn) oder Verletzung der Menschenrechte (EU-Außengrenzen) gibt es hier auch. Außerdem nimmt die Türkei mehr Flüchtlinge auf als die ganze EU zusammen. Und im Gegensatz zur EU, die dem Sterben im Mittelmeer nur zuschaut, hat die Türkei ihren Teil dazu beigetragen, Menschenleben zu retten.</p> <p><a href="https://www.youtube.com/watch?v=3BnbCxx0CLU" class="spip_url spip_out auto" rel="nofollow external">https://www.youtube.com/watch?v=3BnbCxx0CLU</a></p> <p>Für mich stelle ich fest, dass ich weder die Entwicklung in der Türkei noch die in der EU toll finde. Allerdings würde ich mir wünschen, dass wir Europäer keinen Wettbewerb « Wo ist es schlimmer ? » veranstalten, sondern einfach schauen, wie wir unsere EU besser machen.</p> Türkei : Nur keine Schnellschüsse 2016-07-29T17:19:28Z https://www.thenewfederalist.eu/turkei-nur-keine-schnellschusse#comment22122 2016-07-29T17:19:28Z <p>@Alexander Peters</p> <p>Richter werden auch in der EU entlassen und jüngst wurde sogar ein Verfassungsgericht entmachtet (Polen). Und Korruption (Bulgarien), eingeschränkte Medien (Ungarn) oder Verletzung der Menschenrechte (EU-Außengrenzen) gibt es hier auch. Außerdem nimmt die Türkei mehr Flüchtlinge auf als die ganze EU zusammen. Und im Gegensatz zur EU, die dem Sterben im Mittelmeer nur zuschaut, hat die Türkei ihren Teil dazu beigetragen, Menschenleben zu retten.</p> <p><a href="https://www.youtube.com/watch?v=3BnbCxx0CLU" class="spip_url spip_out auto" rel="nofollow external">https://www.youtube.com/watch?v=3BnbCxx0CLU</a></p> <p>Für mich stelle ich fest, dass ich weder die Entwicklung in der Türkei noch die in der EU toll finde. Allerdings würde ich mir wünschen, dass wir Europäer keinen Wettbewerb « Wo ist es schlimmer ? » veranstalten, sondern einfach schauen, wie wir unsere EU besser machen (Dann kursieren auch weniger solcher Filmchen).</p> Türkei : Nur keine Schnellschüsse 2016-07-29T15:48:34Z https://www.thenewfederalist.eu/turkei-nur-keine-schnellschusse#comment22121 2016-07-29T15:48:34Z <p>« SCHNELLSCHÜSSE » - B)</p> <p>Ein Abbruch der Beitrittsverhandlungen ist kein « Schnellschuß », sondern längst überfällig. Die EU hat bereits drei Jahre lang genau das gemacht, was Marco Bitschnau empfiehlt : Gute Miene zum bösen Spiel, um « Einfluß » zu wahren und « mäßigend » zu wirken - und genau deshalb hatte sie keinen Einfluß und wurde Erdogan immer maßloser. An der kleinen Säuberung 2013 - oben, 2) - lernte er eben, daß man mit so etwas durchkommt und EU-Ablehnung nicht fürchten muß - und wurde so zu den jetzigen viel größeren Säuberungen ermutigt (für welche die Pläne offenbar schon <i>vor</i> dem Putsch fertig in der Schublade lagen). Europa hat 2013/14 - gemäß Bitschnau-Rezepten - auf Konfrontation verzichtet, und sein Gewicht nicht zugunsten der damals noch handlungsfähigen Opposition in Presse, Parlament und Justiz in die Waagschale geworfen. Durch diese Verweigerung der Solidarität mit den Opfern Erdogans hat die EU es ihm erst ermöglicht, alle gesellschaftlichen Gegenkräfte so vollständig zu liquidieren, wie wir es heute erleben.</p> <p>Die Konfrontation jetzt wird die EU mehr Kraft kosten und ihr weniger bringen als es noch 2013/14 der Fall gewesen wäre - und ist doch absolut notwendig : Denn auch aus <i>dieser</i> Runde in dem Kampf zwischen Rechtsstaat und Gewaltherrschaft in Europa wird letztere - nicht nur Erdogan selbst, sondern z.B auch Putin - ihre Schlüsse darüber ziehen, was sie in der <i>nächsten</i> Runde wagen kann und was nicht. Das feige Zurückweichen der EU vor der Unrechtsgewalt der Erdogans und Putins – wie es die Steinmeiers betreiben und die Bitschnaus empfehlen – hat Europa für die rechtsstaatliche Demokratie zu einem unsicheren Ort gemacht.</p> Türkei : Nur keine Schnellschüsse 2016-07-29T15:33:03Z https://www.thenewfederalist.eu/turkei-nur-keine-schnellschusse#comment22120 2016-07-29T15:33:03Z <p>« SCHNELLSCHÜSSE » - A)</p> <p>Der Abbruch der Beitrittsverhandlungen ein « Schnellschuß » ? - Die EU will eine Gemeinschaft gefestigter, rechtsstaatlicher Demokratien sein. Daß die Türkei eine solche ist, daran bestanden von Anfang an Zweifel. Wenn daher etwas ein unüberlegter « Schnellschuß » war, dann wohl die Entscheidung, Beitrittsverhandlungen überhaupt zu <i>beginnen</i>.</p> <p>Die anänglichen Zweifel wurden zwischenzeitlich zur Gewißheit und zwar <i>vor</i> dem Putsch und seinen Folgen :</p> <p>1) Es begann 2013 mit der Niederschlagung der Gezi-Park-Proteste : 5 Tote, Tausende Verletzte und Verhaftete. - <i>Die Türkei : eine « europäische » Demokratie ohne Demonstrationsrecht.</i></p> <p>2) Es folgte zum Jahreswechsel 2013/14 der Korruptionsskandal der AKP : Aus illegalen Milliardengeschäften mit Iran zogen AKP-Minister zig Millionen an Schmiergeldern, 4 von ihnen treten zurück, über 90 Personen werden verhaftet, schließlich wird Erdogan selbst schwer belastet. Die AKP verhindert die Aufklärung : Bereits damals werden Ermittler vereinzelt entlassen und Hunderte zwangsversetzt. - <i>Die Türkei : ein Land ohne unabhängige Justiz.</i></p> <p>3) 2014 wird Erdogan Präsident und bricht sofort die Verfassungsartikel, die ihn auf eine überparteiliche, repräsentative Rolle beschränken. - <i>Die Türkei : ein Land ohne funktionierende Verfassung.</i></p> <p>4) 2015 decken Cumhuriyet-Journalisten türkische Waffenlieferungen an den IS auf - und werden verhaftet. - <i>Die Türkei : Ein Land ohne Pressefreiheit.</i></p> <p>5) Im Juni 2015 verliert die AKP wegen des Einzugs der kurdischen HDP ins Parlament die absolute Mehrheit. Um sie zurückzugewinnen bricht Erdogan den Friedensprozess mit den Kurden ab und beginnt Gegner als « Terroristen » zu verfolgen. Es folgt der Weimar-würdige zweite Wahlkampf vom Herbst 2015 : AKP-Mobs griffen zweimal die Hürryiet-Redaktionsräume an und es kam zu Anschlägen auf HDP-Büros/ -Veranstaltungen im ganzen Land. - <i>Die Türkei : Ein Land unter Regierungsterror.</i></p> <p>6) Da selbst mit solchen Methoden die AKP « nur » die absolute Mehrheit aber nicht die erträumte 2/3-Mehrheit errang, entzog man im Mai 2016 einem Viertel der Abgeordneten die parlamentarische Immunität, darunter fast der gesamten HDP-Fraktion. - <i>Die Türkei : Ein Land, in dem die parlamentarische Opposition vogelfrei ist.</i></p> <p>7) Ebenfalls im Mai 2016 ist Erdogan mit Diyarbarkir, der « Kurdenhauptstadt » fertig : Die monatelang abgeriegelte Altstadt Sur - Welterbe - haben seine Panzer in Assad-Manier in eine Trümmerbrache verwandelt, aus der 20.000 Zivilisten geflohen sind. - <i>Die Türkei : Ein Land im Ethno-Krieg gegen eigene Bürger</i>.</p> <p><span class="spip-puce ltr"><b>–</b></span> > <i>Forts.</i></p> Türkei : Nur keine Schnellschüsse 2016-07-29T13:39:14Z https://www.thenewfederalist.eu/turkei-nur-keine-schnellschusse#comment22119 2016-07-29T13:39:14Z <p>Das ist eine differenzierte Sichtweise der ich mich anschließen kann. Sonst sind leider viele Beiträge zur Entwicklung in der Türkei von einer unerträglichen Überheblichkeit geprägt und unglaublich zynisch. Wie kann man über die Entwicklung von Werten und Menschenrechten in der Türkei philosophieren, wenn an den EU-Außengrenzen ganz real Tag für Tag im Schnitt 20 Menschen sterben, weil es diese unsere EU nicht schafft, ein Asylsystem aufzusetzen, das seinen Namen auch verdient.</p> <p>Außerdem ist das einfach die Kampagne der Brexit-Befürworter, so zu tun, als ob morgen ein EU-Beitritt der Türkei anstünde oder bei einer Visaliberalisierung plötzlich die halbe Türkei in die EU abwandert. Ich bin als Befürworter der europäischen Einigung aber gegen solche Angstmacherei.</p> <p>Beste Grüße, Mister Ede</p>