Die Woche in Europa

Wahlen in Spanien, Debatte der Spitzenkandidat*innen und mehr

, von  Pascal Letendre-Hanns, Radu Dumitrescu, übersetzt von Annika Klein

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Wahlen in Spanien, Debatte der Spitzenkandidat*innen und mehr
Fotoquelle: treffpunkteuropa.de

Unsere Kolleg*innen von „The New Federalist“, der englischsprachigen Schwesterzeitschrift von treffpunkteuropa.de, berichten von wichtigen Ereignissen, die sich in der vergangenen Woche in Europa zugetragen haben, darunter einige, die eventuell untergegangen sind. Fehlt aus eurer Sicht etwas? Hinterlasst einen Kommentar auf der Facebook-Seite von „The New Federalist“.

Sozialdemokratische Partei gewinnt Wahlen in Spanien

Am Sonntag (28. April) gewann die sozialdemokratische Partei PSOE von Ministerpräsident Pedro Sánchez die Wahlen im Land, wodurch sie wahrscheinlich an der Macht bleiben wird. Mit fast 29% der Stimmen und 123 der 350 Sitze im Parlament erzielte die Partei einen deutlichen Gewinn verglichen mit den 85 Sitzen, über die die Partei bisher verfügt hatte. Die zweitmeisten Stimmen bekam die christdemokratische Volkspartei PP (65 Sitze), gefolgt von den liberalen Ciudadanos (57 Sitze) und der linkspopulistischen Partei Podemos (42 Sitze). Mit 24 Sitzen zog auch die rechtspopulistische Partei Vox ins Parlament ein. Um die Mehrheit zu bilden, werden die Sozialdemokrat*innen nun koalieren müssen: möglicherweise mit Podemos und Regionalparteien. Die konservative Volkspartei fuhr bei der Wahl hingegen eine Niederlage ein: Sie erhielt nur die Hälfte der Sitze, über die sie bisher verfügt hatte. Sánchez war vergangenen Juni Ministerpräsident geworden, als er mit Hilfe von Podemos sowie baskischen und katalanischen Nationalist*innen ein Misstrauensvotum gegen Rajoy von der PP gewann.

Frankreich: Gelbwesten-Kandidat*innen tun sich mit Rechtsextremen zusammen

In Frankreich hat sich die kürzlich für die Europawahl formierte Kandidatenliste „Jaunes et Citoyens“ (Gelbe und Bürger*innen) mit der rechtsextremen Partei Les Patriotes zusammengetan. Letztere wurde von Florian Philippot, einem langjährigen Freund Marine Le Pens, gegründet. Jean-François Barnaba, Vorsitzender der „Jaunes et Citoyens“, erklärte, beide Gruppierungen wollten die EU verlassen und den Euro abschaffen. Zudem fordern sie mehr Kaufkraft, direkte Demokratie sowie Steuer- und soziale Gerechtigkeit. Beobachter*innen zufolge werden die Vertreter*innen der Gelbwesten auf der Liste jedoch nur dünn gesät sein: Barnaba selbst wird auf dem 9. Platz sein. Der Vorsitzende der Gelbwesten argumentierte, dass er diesen Schritt habe vollziehen müssen, nachdem die Gruppierung ihre Finanzierungsquelle verloren habe.

Junge Europäer*innen machen sich große Sorgen um Migration, Umwelt und Wirtschaft

Laut einer in der vergangenen Woche von der Plattform YouGov und der TUI Stiftung veröffentlichten Umfrage finden junge Europäer*innen in den meisten EU-Mitgliedsstaaten, dass Migration, Umwelt und Wirtschaft die wichtigsten politischen Probleme der Union sind. Die meisten der Umfrageteilnehmer*innen zwischen 16 und 26 gaben an, dass die offenen Grenzen der EU eine positive Sache seien, nur 27% stimmten dieser Aussage nicht zu. 55% der Teilnehmer*innen fanden, dass Umweltpolitik in ihrem eigenen Leben eine wichtige Rolle spielte. 43% gaben an, dass sie sich im vergangenen Jahr politisch für mehr Umweltschutz eingesetzt hatten. Die meisten jungen Menschen waren auch der Ansicht, dass Wahlen auf nationaler Ebene wichtiger als auf europäischer Ebene seien und dass Demokratie die beste Regierungsform darstelle (58%).

Großteil der Brit*innen hält Brexit für schlechte Idee

Einer in der letzten Woche veröffentlichten Umfrage zufolge sind 55% der stimmberechtigten Brit*innen der Meinung, dass die Regierung kein Referendum zur EU-Mitgliedschaft hätte durchführen sollen. Das Referendum, das von den Konservativen nach ihrem eindeutigen Wahlsieg 2015 initiiert wurde, wird nun von 49% der Konservativen für eine schlechte Idee gehalten. Derselben Meinung sind 72% der Labour-Anhänger*innen. Laut derselben Umfrage finden 17% der Bürger*innen, dass Nigel Farages neue Brexit Party gute Leistungen erbringt. Für die Europawahlen diesen Monat werden der Brexit Party und der Labour Party jeweils 28% der Stimmen prognostiziert, den Konservativen 14% und der Pro-EU-Partei Change UK 7%.

Justizminister Zyperns tritt wegen Serienmordfalls zurück

Am Donnerstag trat Zyperns Justizminister Ionas Nicolaou zurück, nachdem die unter seiner Aufsicht stehenden Polizeikräfte für ihren Umgang mit den Verbrechen eines mutmaßlichen Serienmörders kritisiert worden waren. In den vergangenen Wochen waren die Leichen von vier ermordeten Frauen in der Umgebung der Hauptstadt Nicosia gefunden worden, drei weitere Verschwinden werden noch untersucht. Der mutmaßliche Täter ist ein 35 Jahre alter Hauptmann der zyprischen Nationalgarde. Er hat insgesamt sieben Morde gestanden, seine überwiegend ausländischen Opfer hatte er über eine Online-Dating-Webseite kennengelernt. Da das erste Opfer schon im September 2016 verschwunden war, wird die Polizei jetzt dafür kritisiert, dass sie nicht eher ermittelt habe.

Juncker: Niederlande, Österreich und Deutschland verhindern Vertiefung der Währungsunion

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat dem Handelsblatt gegenüber erklärt, dass drei Länder die Reformen hinauszögerten, die der französische Präsident Emmanuel Macron für die Eurozone voranbringt. Bei diesen Ländern handele es sich um die Niederlande, Österreich und Deutschland. Die drei Länder fürchteten offenbar, dass sie sich dadurch noch mehr mit schwächeren Wirtschaften verbinden würden, vor allem mit denen von Ländern Südeuropas: „Die Vertiefung der Währungsunion kommt nicht voran, weil die Niederlande, Österreich und allzu oft auch Deutschland sich in den Weg stellen, wenn es um gelebte Solidarität und gemeinsame Verantwortung geht. Ich bin da trotzdem nicht pessimistisch. Deutschland ist jetzt noch nicht reif dafür, doch viele deutsche Politiker wollen hier durchaus weiterkommen,“ so Juncker. Der scheidende Kommissionspräsident erklärte, dass Eurobonds, d. h. Schulden, die die Mitgliedsstaaten der Währungsunion gemeinsam am Kapitalmarkt aufnehmen, in Zukunft trotz der Bedenken des deutschen Finanzsektors Realität würden. Der Brexit habe den Bürger*innen der EU gezeigt, dass sie für die Union kämpfen müssen.

Debatte von Weber, Timmermans, Verhofstadt und Keller in Florenz

Donnerstagabend nahmen die Spitzenkandidat*innen der vier führenden pro-europäischen politischen Parteien an einer vom European University Institute organisierten Debatte teil. Manfred Weber von der bürgerlich-konservativen EVP, Frans Timmermans der Sozialdemokratischen Partei Europas, Guy Verhofstadt der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE) und Ska Keller von der Europäischen Grünen Partei legten ihre jeweiligen Visionen für Europa dar. Zu den Themen gehörten die Einrichtung einer europäischen Armee, die Sozial- und Wirtschaftspolitik sowie die Außenpolitik.

Trotz ihrer Meinungsverschiedenheiten beklagten die Kandidat*innen einstimmig, dass die Mitgliedsstaaten in vielen Bereichen eine weitere Integration verhinderten. Verhofstadt verkündete, dass ALDE sich nach den Europawahlen auflösen und im Bündnis mit Emmanuel Macrons „Renaissance“-Liste eine neue Zentrumspartei gründen wolle. Er sprach sich außerdem gegen das Spitzenkandidatenprinzip und für transnationale Listen aus. Weber warnte vor populistischer und nationalistischer Rhetorik und betonte, es müsse weiterhin Kompromisse geben, da diese das Kernstück Europas seien. Timmermans erklärte mit warnenden Worten, die EU kämpfe ums Überleben, während Keller auf die Sorgen der Jugend bezüglich der Umwelt hinwies.

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