Was ist die allgemeine Ausweichklausel des Stabilitätspaktes der EU?

, von  Isabel Otero Barderas, übersetzt von Lukas Baake

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Was ist die allgemeine Ausweichklausel des Stabilitätspaktes der EU?
Die Corona-Pandemie hat viele europäische Wirtschaften unter Druck gesetzt. Nun will die EU-Kommission die Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspaktes der Mitgliedstaaten zeitweise aussetzen.
Foto: Flickr / European Parliament 2019 / CC BY 4.0

In der letzten Zeit wurde oft von der Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts der Europäischen Union geredet. Auch wenn es gerade in dieser Zeit wichtig ist, die Funktionsweise der Wirtschafts- und Finanzpolitik der EU zu kennen und zu verstehen, weiß der Großteil der Bevölkerung, der die wirtschaftlichen Maßnahmen der EU beobachtet, nur wenig mit dem Ausdruck anzufangen.

Die Balance zwischen Stabilität und Wachstum wahren

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt der EU wurde 1997 als Teil der dritten Phase der Wirtschafts- und Währungsunion eingeführt. Das Ziel dabei war es nach der Einführung des Euros die Stabilisierung der öffentlichen Finanzen zu fördern. Unter den zahlreichen Vorgaben des Paktes fand sich auch die Beschränkung des Budgetdefizit auf maximal 3% des BIP und der öffentlichen Schulden auf maximal 60% des BIP. Bis heute müssen die Länder, die sich nicht an diese Vorgaben halten, die notwendigen und von dem Rat der EU vorgegebenen Empfehlungen in einer festgelegten Frist befolgen. Wenn diese Empfehlungen nicht berücksichtigt werden, verhängt der Rat auf Grundlage einer Empfehlung der Kommission wirtschaftliche Sanktionen gegen den entsprechenden Mitgliedstaat.

Im Jahre 2011, also nach der Schuldenkrise der Europäischen Union im Jahr 2009, führte die Kommission eine Reform des Paktes ein, die allgemein unter dem Namen „Six-pack“ bekannt ist (eine Gruppe von sechs Reformen für die Stärkung der Fiskalaufsicht). Unter anderem wurde die allgemeine Ausweichklausel etabliert, die es Mitgliedstaaten erlaubt, Haushaltsmittel im Rahmen der präventiven und korrektiven Aspekte des Paktes zu erhalten. In der Aussicht auf eine langwährende Gesundheitskrise, die die Euro-Zone in eine ähnliche oder sogar schwerere ökonomische Krise stürzen könnte als 2009, ist es das erste Mal, dass diese Ausweichklausel angewendet werden könnte. Tatsächlich hat Goldman Sachs im Fall von Spanien einen Rückgang des BIP um 9,7 % auf Grund der Verlängerung des „Alarmzustands“ prognostiziert. Im Vergleich zu dem prognostizierten Anstieg des BIP von 1,8%, der im Jahr 2020 realisiert werden sollte, ergibt sich ein Defizit von 10 %.

Aufflockerung des Stabilitätspaktes zu Zeiten von Corona

Mit der Aktivierung der Ausweichklausel des Stabilitätspaktes versucht die Europäische Kommission, die Flexibilität zu erhöhen, damit die Mitgliedstaaten mehr Freiheiten in ihrem Budget haben. Auf diese Weise können diese in benötigtes medizinisches Material investieren und den sozioökonomischen Folgen der Corona-Krise entgegenwirken. Zusätzlich können die Länder der Eurozone besser dem Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität begegnen, der auch einen Anstieg des Haushaltsdefizits mit sich bringt.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass mit der Einsetzung der Klausel, als eines von zahlreichen Mitteln, versucht wird, den ökonomischen Schock, dem sich die Union ausgesetzt sieht, zu bewältigen. Tatsächlich prognostiziert die Europäische Kommission selbst, dass sich das Wachstum des BIP im Vergleich zu einem Szenario ohne Pandemie von 2,5% Wachstum in der gesamten Union verringern könnte.

Dennoch bedeutet die Aktivierung der Klausel nicht, dass die Mitgliedstaaten die in dem Pakt etablierten Regeln missachten können. Sie müssen weiterhin auf Basis dieses Paktes handeln. Der Vorschlag zur Aktivierung der Klausel wurde am 20. März von Seiten der Europäischen Kommission gemacht. Am 26. März genehmigte die Eurogruppe die Maßnahme in einer außerordentlichen Sitzung. Man wird sehen, wie sich diese Entscheidungen in den kommenden Monaten auswirken wird.

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