Wie, wo, was - Bergkarabach!

, von  Katharina Egle

Wie, wo, was - Bergkarabach!
Nicht alter Hass, sondern die Erfindung von Nationen sind für den Krieg um Bergkarabach verantwortlich. © All right reserved: TPE

Diese TPE-Miniserie hat es sich zum Ziel gesetzt, die Entwicklungen in Bergkarabach zu entmystifizieren und zu erklären. Anstatt sich auf ethnisch-religiöse Erzählungen zu konzentrieren, legen die Autor*innen dieser Serie einen Akzent auf die geopolitischen Hintergründe und Implikationen des Krieges um Bergkarabach. Dies soll die Leser*innen dazu anregen, über weiterreichendere Veränderungen im internationalen System nachzudenken.

Zwar ist der Kaukasus die Heimat vieler alter religiöser Mythen und volkstümlicher Geschichten, aber der Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan um eine Region mit vielen Namen, gehört nicht dazu. Die Region, um welche es sich hier handelt, ist Artsakh, Nagorno-Karabakh oder zu Deutsch, Bergkarabach – ein gebirgiger Ort, der bis vor kurzem zwischen den beiden Republiken Armenien und Aserbaidschan lag. Ähnlich wie die Feindseligkeit zwischen den Völkern der beiden Republiken ist dieser Konflikt nicht so alt wie sich zunächst vermuten lässt. Im Gegenteil, die zahlreichen Kriege und Streitigkeiten um die Besitzverhältnisse in Bergkarabach sind Teil eines ausgesprochen modernen Konflikts – ein direktes Ergebnis der Gründung der Sowjetstaaten im Kaukasus. Trotzdem erzählen und mystifizieren die beide Länder ihre historischen Verbindungen mit der Architektur, den Melikdomen und Khanaten in der Hochlandregion. Seit diesem Sommer scheint es jedoch so, als hätte dieser „antik-moderne“ Konflikt um Bergkarabach sein Ende gefunden.

Nach einer im Dezember letzten Jahres begonnenen Blockade von Bergkarabach hat Aserbaidschan im September dieses Jahres die vollständige Kontrolle über die Region wiedererlangt. Die separatistischen Behörden in Bergkarabach kündigten an, die Region bis zum ersten Januar 2024 aufzulösen. Die Folgen dieser Kapitulation sind sowohl historisch als auch humanitär schwerwiegend. Über 80 % der ethnischen Armenier, die in Bergkarabach lebten, sind in die republikanischen Gebiete geflohen. Zudem scheint es so als würde sich das Kräfteverhältnis zugunsten Aserbaidschans und seines Verbündeten Türkei verschieben. Welche Auswirkungen diese Veränderungen haben und wie es zu dieser Situation gekommen ist, ist das raison d’être dieser Treffpunkteuropa/TPE-Miniserie.


„Entgegen der Auffassung, dass dieser Konflikt ethnisch-religiöser Natur ist, argumentieren wir, dass ein breiteres Verständnis erforderlich ist“


In seinem Artikel Das Gas-Gambit: wie Bergkarabach zum Bauernopfer wurde, verfolgt TPE-Autor Aleksandar einen breiteren geopolitischen Ansatz und führt uns durch die Bündnisse, die in der Kaukasusregion relevant sind. Er befasst sich mit den Kräfteverhältnissen, die sich zugunsten Aserbaidschans und damit auch der Türkei zu verschieben scheinen. Ihm zufolge ist der russische Krieg in der Ukraine ein zentraler Grund für die jüngsten Entwicklungen. Einerseits war Russland wegen des Krieges nicht in der Lage, seine Rolle als lokaler Polizist auszuüben. In Folge der Energieembargos hat Aserbaidschans Verhandlungsmacht vis-à-vis der EU zudem exponentiell zugenommen. Die neu entstandene Abhängigkeit von Europa ist somit ein Hauptgrund für die internationale Untätigkeit gegenüber den Entwicklungen in Bergkarabach.

In ihrem Artikel, Das Ende der Republik Bergkarabach – Armenien im Wandel? befasst sich TPE-Autorin Jasmin mit der Rolle der armenisch-russischen bilateralen Beziehungen in diesem Konflikt. Sie vertritt die Auffassung, dass die Spannungen innerhalb Armeniens, sowohl aus der zunehmenden Ablehnung von Ministerpräsident Nikol Paschinyan, als auch aus dem Mangel an militärischer Hilfe durch Russland resultieren. Das Ergebnis ist die armenische Wendung gen Westen, welche von Paschinyan selbst angeführt wird. Jasmin konzentriert sich auf Desinformationskampagnen, die vom Kreml orchestriert wurden um Armenien weiterhin unter seinen Fittichen zu behalten.


„Ziel dieser Serie ist es, die Kräfte, die bei dieser scheinbaren Verschiebung des regionalen Gleichgewichts in Russlands Hinterhof im Spiel sind, besser zu verstehen. “


Im Großen und Ganzen können diese Verschiebungen als symbolisch für umfassendere Veränderungen im internationalen System verstanden werde – insbesondere im Hinblick auf die Kluft zwischen Russlands Ambitionen und seinen Fähigkeiten. Es ist wichtig, diesen Konflikt zu verstehen und zu entmystifizieren, denn wenn wir ihn auf eine ethnisch-religiöse Ebene reduziert, bleibt die Gefahr, dass wir die umfassendere Dynamik übersehen, die Gas und Gambit in der Region betrifft.

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