Sie können einem leidtun, die Briten. Erst bauen sie sich in mühseliger Arbeit ein schönes Imperium auf, in dem die Sonne niemals untergeht und dann zerfällt dieses binnen zwei Jahrzehnten. Um den Machtverlust auszugleichen, binden sie sich erst an die US-Amerikaner und treten schließlich doch der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft bei.
Diese heißt seit 1993 Europäische Union und hat sich trotz aller Querelen zu einer semi-politischen Union entwickelt. Innerhalb dieser Gemeinschaft hatten die Briten ihre Rolle schnell gefunden: wann immer sich die Möglichkeit bietet, wird kritisiert. Und wenn es einmal nichts zu meckern gibt, dann wird einfach ein Skandal erfunden (Was die Kommission dazu genötigt hat, extra eine Widerlegungsseite für irreführende Presseberichte einzurichten). Damit gewinnen die Briten zwar nicht die Fair-Play Wertung, die Europameisterschaft im Sich-Beschweren ist ihnen aber sicher.
Doch nun muss die Insel erneut um ihren Einfluss bangen. Schuld daran sind keine Aufständischen in fernen Kolonien, sondern die eigenen Beamten. Diese fallen massenweise durch die EU-Einstellungstests, weil sie außer Englisch keine andere Sprache gut genug beherrschen. Die EU verlangt jedoch von ihren Mitarbeitern, dass diese mindestens zwei der offiziellen Amtssprachen sprechen.
Die Folge: Obwohl zwölf Prozent der EU-Bürger aus dem Vereinigten Königreich kommen, stellen sie lediglich 1,5 Prozent der erfolgreichen Prüfungsabsolventen. Die britische Politik fürchtet nun um ihren Einfluss in Brüssel – und das zu Recht. Denn die Verwaltung eines politischen Systems ist dessen Fundament. Beamte führen die Entscheidungen von Politikern nicht nur aus, sondern beeinflussen diese durch ihre Ratschläge und Gestaltungsspielräume in der Umsetzung.
Damit mehr Briten die Prüfungen bestehen, hat die Regierung mit der EU-Kommission eine Sonderseite eingerichtet und angekündigt, Sprachtraining zu fördern. Kommissionspräsident Barroso hat unterdessen vorgeschlagen, die Anforderungen für britische Bewerber zu senken – eine Idee, die zu recht auf Ablehnung gestoßen ist.
Die Ironie der Dinge
Ich kann mir die Schadenfreude über dieses Jammern nicht verkneifen. Denn während mittlerweile 93 Prozent der EU27-Schüler Englisch in der weiterführenden Schule lernen, sind im Vereinigten Königreich Fremdsprachen für 14- bis 16-jährige nicht mehr verpflichtend. Die Faulheit der Schüler (und Dummheit der Politik) kostet die Briten nicht nur politischen Einfluss, sondern auch geschätzte 17 Milliarden Pfund pro Jahr.
Darüber kann die Jugend der Kontinentaleuropäer nur schmunzeln: stolze 57 Prozent der 15- bis 29-jährigen beherrschen Englisch – in einigen Ländern sind es sogar noch mehr, wie beispielsweise in den Niederlanden oder Schweden. Dazu kommt, dass das EU-Englisch einen eigenen Charakter angenommen hat, der mit der Sprachkunst eines William Shakespeare nicht mehr viel gemein hat. Traditionsbewusste Briten können das durchaus als Verhunzung ihrer Sprache betrachten: „May you hand me the Ananas, please?“ ist nur ein Beispiel. Macht und Geld verloren und der eigenen Sprache beraubt. Sie können einem leidtun, die Briten.
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